Dortmund – Von der Neonazihochburg zur Stadt mit SEK-Rechtsterror?

3. September 2020

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Erklärung der VVN-BdA Dortmund – Politiker wurden aufgefordert, den genannten Vorgängen in der Polizei nachzugehen.

Die demokratische Zusammenarbeit von Polizei und Stadtgesellschaft gegen Nazis hat in Dortmund Fortschritte gemacht. Was jedoch immer noch besorgniserregend ist, zeigt sich in folgenden Vorgängen, die wohl mehr auf die Anordnungen aus Düsseldorf zurückgehen, aber dennoch auch in die Verantwortung der Dortmunder Polizei fallen. Wir möchten Sie mit den folgenden beunruhigenden Tatsachen bekannt machen:

Am 15. Mai 2020 berichtete die Dortmunder Lokalpresse, dass SEKs, das heißt Sondereinsatzkommandos der Dortmunder Polizei und der Polizei anderer NRW-Städte in Güstrow/Mecklenburg-Vorpommern auf einem Schießstand trainieren, dessen Besitzer der rechtsterroristischen Gruppe „Nordkreuz“ nahesteht. Diese alarmierende Meldung wurde vom Landeskriminalamt in Düsseldorf bestätigt.

Gruppen wie „Nordkreuz“ haben Todeslisten aufgestellt, um die darin verzeichneten Demokraten „wegzumachen“.  Dies wurde im Schweriner Prozess gegen den rechtsextremen SEK-Polizist Marco G. Ende letzten Jahres wegen des Verstoßes gegen das Waffen- und Kriegswaffengesetz bestätigt.

Marco G. erhielt allerdings nur eine lächerliche Bewährungsstrafe. Er hatte in den vorangegangenen Monaten knapp 12.000 Schuss Munition aus Beständen der Bundeswehr und der Polizei entwendet. Rund 1.200 Schuss stammen aus Nordrhein-Westfalen. Jetzt ist auch das SEK Dortmund Teil der Ermittlungen. Darüber hinaus waren Teile der Munition, die bei Marco G. gefunden wurden, nachweislich bei Polizeieinheiten gelistet, die auf dem bewussten Schießstand der Firma Baltic Shooters in Güstrow trainierten.

Die mecklenburg-vorpommersche Landesregierung bestätigte nunmehr Medienberichte, die auf enge Verflechtungen des Meck.Vorp.Innenministeriums zu dem dubiosen Schießplatz und zum „Schießtraining der Polizei auf dem Schießplatz ‚Großer Bockhorst‘“ in Güstrow hinwiesen. Dieser könnte dem Nordkreuz-Netzwerk als Munitionsumschlagsplatz gedient haben. Verbindungen zum potentiell rechtsterroristischen Nordkreuz-Netzwerk wurden von der Landesregierung nicht dementiert. Nur die Landesregierung NREW schweigt weiter.

Wir fragen die Dortmunder Polizei, ob es zutrifft, dass sie am Raub von Munition bei Bundeswehr und Polizei zum Einsatz für den Tag „X“ beteiligt gewesen ist.

Die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes/Bund der Antifaschisten fordert die sofortige Beendigung der Polizeikontakte in die rechte Szene hinein. Der Fall muss gründlich aufgeklärt werden. Bis dahin sind alle SEK-Kräfte, die ausgerechnet ins 550  km entfernte Güstrow zum Schießstand fahren – offenbar um sich mit „Nordkreuz“-Leuten zu treffen – aus dem Dienst zu entfernen.

Die Rechtsentwicklung in unserem Land ist mehrdimensional. Sie äußert sich nicht nur in der rechten Parteienlandschaft, in AfD und „Rechten“, oder in den rassistischen und neofaschistischen Bewegungen, sondern auch in den politischen Entscheidungen wie:
• die Verschärfung des NRW-Polizeigesetzes mit massiven Eingriffsrechten ins Grundrecht und erheblicher Erweiterung der Polizeibefugnisse.
• mit der Neuordnung der Bundeswehrreserve. Das Alter der Reservesoldaten wurde von 45 auf 60 Jahre erhöht. Die ehemaligen Bundeswehrsoldaten sollen immer einsatzbereit sein. Sie sollen im Spannungs- oder Notstandsfall zur Hilfeleistung im Inland herangezogen werden. Von den Reservisten sind über einhunderttausend im Deutschen Reservistenverband organisiert. Hier tummeln sich zahlreiche Rechtsextremisten und Neonazis. In jeder kreisfreien Stadt und in den Kreisen wurden Kommandozentralen eingerichtet, die dem Kommando von Reserveoffizieren unterstellt sind. Diese Kommandozentralen können jederzeit die zivile Verwaltung aushebeln. Dem Bundeswehreinsatz im Innern ist damit Tür und Tor geöffnet. Über diese Entwicklung wird geschwiegen.

Fast täglich erreichen uns weitere alarmierende Meldungen aus der Polizei.
1. Es werden Taser in mehreren Städten erprobt und zwar in Dortmund, Düsseldorf, Gelsenkirchen und im Rhein-Erft-Kreis. Taser werden polizeifachlich auch Distanzelektroimpulsgeräte genannt.
Tasereinsatz – das ist Folter! Er hat schon schwere gesundheitliche Schäden ausgelöst. Da gibt es nichts zu testen. Das ist zu unterbinden.

2. In allen Polizeibehörden von NRW wurde abschließend ganz offen die Infrastruktur für die militarisierte Kommunalpolitik geschaffen. Z. B. wurde in Dortmund, im Stadthaus, schon vor 13 Jahren für 695 000 Euro ein Krisenzentrum geschaffen, in dem im Rahmen der ZMZ, der Zivil-militärischen Zusammenarbeit unter Leitung von Reserveoffizieren Polizei, Verwaltung, Feuerwehr, Technisches Hilfswerk zusammenwirken.
Ein Sprecher der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes/Bund der Antifaschisten: Es wurde nie bekannt, welche Infrastruktur den Polizisten/Reservisten zur Verfügung steht. Werden hier Waffen bereitgehalten, um sie gegen die Bevölkerung einzusetzen? Fragen über Fragen.

3. Unter der Bezeichnung Clan-Kriminalitätsbekämpfung „Null Toleranz“ werden höchst bedenkliche ausländerfeindliche Kampagnen gefahren – auch in Dortmund. (Siehe dazu die Ruhrnachrichten vom 18. August 2020) Das Prinzip der Toleranz wird staatlicherseits als kriminell dargestellt: „Null Toleranz“ bei arabischstämmigen Verdächtigen. Das Prinzip „Im Zweifel für den Angeklagten“ ist somit abgeschafft, wenn es sich um „türkisch- oder arabischstämmige“ Menschen handelt. Dann wird ihre ganze Familie oder ihre vermeintliche Familie in Mithaftung genommen. Schon Namensgleichheiten haben zu Razzien gegen Unschuldige geführt. Am 17./18. August 2020 berichteten die Ruhrgebietsmedien über diese „Clan-Kriminalität“, und zwar aufgrund der Auskünfte der Polizei. Das Kriminelle dieser „Clans“ besteht offenbar darin, Namen von Clan-Führern zu tragen, die die Polizei auch veröffentlicht (ganz im Gegenteil zur Praxis bei rechten Deutschen, die dann etwa Marco G. heißen – siehe oben). Wer den Namen eines Verurteilten teilt, ist dann höchst verdächtig. Ein ungeheuerlicher Vorgang. Wie mag es den Kindern, die solche Namen tragen, nun in den Schulen ergehen?
Warum unterstützt die Dortmunder Polizei derartige rassistische Kampagnen unter dem Vorwand der „Clan-Kriminalität“? Und schließlich: Wie wäre es mal mit Ermittlungen zu „deutschstämmigen“ Clans, zu den Krupps, Quandts, Flicks? Es gibt Träger dieser Namen, die hatten nachweislich Vorfahren, welche aus Sklaven, genannt Fremdarbeiter, ungeheure Summen herauspressten. Das Kapital daraus ging an die Erben mit den genannten Namen – und es wurde nie eingezogen.