Gedenken der Befreiung – ohne die Befreier?

28. April 2025

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Newsletter 2025-16 dt/ FIR | Mit Empörung verfolgt die FIR aktuelle Entwicklungen in Deutschland, die das Gedenken an die Befreiung von Faschismus und Krieg für außenpolitische Interessen der Bundesregierung instrumentalisieren.
Nachdem schon im Jahre 2020 in Polen bei den Feierlichkeiten zur Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz Vertreter der Russischen Föderation explizit ausgeladen wurden, stattdessen davon phantasiert wurde, es seinen ukrainische Truppen gewesen, die das Lager befreit hätten – welch historischer Analphabetismus, weil es Einheiten der 2. Ukrainischen Front waren, die das Lager erreichten, wurden auch in Deutschland seit Beginn des Ukraine-Krieges die Befreier und ihre heutigen politischen Repräsentanten in jeder Form ausgegrenzt.

russische und belorussische Botschaften nicht willkommen

Zu den Befreiungsfeiern der Gedenkstätten Sachsenhausen, Ravensbrück, Buchenwald und auch im österreichischen Mauthausen wurde auf Beschluss der Gedenkstättenleitungen den russischen und belorussischen Botschaften mitgeteilt, sie seien nicht willkommen. Im KZ Buchenwald stellten zwar die sowjetischen Häftlinge, die teilweise im so genannten „Kriegsgefangenenlager“ untergebracht waren, mit 15.000 Häftlingen die größte ausländische Gruppe. Über 8.400 politische Kommissare der sowjetischen Armee wurden in der Genickschussanlage im Pferdestall ermordet. Aber alles das zählt nicht, wenn es darum geht, Vertreter der Russischen Föderation oder Belarus auszugrenzen.

„ungebetene Gäste“

In diesem Jahr wurde das skandalöse Verhalten noch gesteigert, indem das Auswärtige Amt unter der nur noch kommissarisch amtierenden Frau Baerbock, was weder für Innenpolitik noch für Kultur und Erinnerungspolitik zuständig ist, eine „Handreichung“ an Landkreise und Kommunen herausgab, in der explizit empfohlen wird, keine Einladungen an russische oder belorussische Diplomaten auszusprechen und notfalls sogar „ungebetene Gäste“ mit Hinweis auf das „Hausrecht“ wieder wegzuschicken. In der Handlungsempfehlung heißt es Medien zufolge, dass es einerseits im Inland grundsätzlich keine Teilnahme offizieller Stellen an Veranstaltungen auf Einladung von Russland und Belarus sowie andererseits keine Einladung an russische und belorussische Vertreter zu Gedenkveranstaltungen von Bund, Ländern und Kommunen geben solle.

Interessanterweise war das Auswärtige Amt auf entsprechende Anfragen der Presse nicht bereit, dazu Stellung zu nehmen. So mussten sich Medienvertreter diese Handreichungen über die brandenburgische Landesregierung besorgen. Laut Medienberichten heißt es in dem Text, Deutschland übernehme Verantwortung für die furchtbaren Verbrechen des NS-Regimes und setze sich für eine angemessene Würdigung der Opfer ein in Russland, in Belarus und weltweit. Mit dem implizit ausgesprochenen Verbot der Einladung von Diplomaten der Russischen Föderation und Belarus wolle man sich „geschichtsrevisionistischer Verfälschung, sowie russischer oder belorussischer Propaganda“ entgegenstellen. Man kann es nur pervers nennen, wenn diese Handreichungen unter der Überschrift laufen, eine „politische Instrumentalisierung des Gedenkens“ zu verhindern. Ist es keine Instrumentalisierung, wenn die Bundesregierung in die Hoheit von Ländern und Kommunen eingreift, um ihr Geschichtsbild durchzusetzen?

Es bleibt zu hoffen, dass sich in Deutschland Kommunen und Gedenkorte bereit finden, sich der historischen Wirklichkeit zu stellen und Verantwortung für ein angemessenes Gedenken übernehmen – gemeinsam mit den Befreiern und in Erinnerung an die Opfer, die die sowjetischen Streitkräfte bei dieser Befreiung erbringen mussten. In diesen Tagen wird an die Schlacht um die Seelower Höhen erinnert, bei der etwa 33.000 sowjetische Soldaten ihr Leben opferten, um den Weg nach Berlin gegen den erbitterten Widerstand der faschistischen Truppen freizukämpfen.

örtliche Repräsentanten ließen sich von der Bundesregierung nicht abhalten

Es war erfreulich zu sehen, dass örtliche Repräsentanten sich von der Bundesregierung nicht abhalten ließen, gemeinsam mit dem Botschafter der Russischen Föderation und Diplomaten von Belarus dort Kränze niederzulegen. Dass in den vergangenen Wochen in Berlin erneut öffentlich darüber spekuliert wurde, wie man sowjetische Gedenkstätten für die Befreier und die Befreiung abräumen könne, zeigt die moralische Widersprüchlichkeit bundesdeutscher Gedenkpolitik.

Die FIR betont einmal mehr, dass sie alles dafür tun wird, dass das Gedenken an die Frauen und Männer, die im Rahmen aller Teile der Anti-Hitler-Koalition für die Niederwerfung der nazistischen Barbarei gekämpft haben, angemessen gestaltet werden kann, und dazu gehört die wertschätzende Einladung von diplomatischen Vertretern aus allen beteiligten Ländern.

Strafanzeigen gegen Höcke

12. Mai 2025

Björn Höcke hatte sich auf X über die Einstufung seiner Partei als zunächst „gesichert rechtsextremistisch“ empört und darauf hingewiesen, dass der US-Außenminister Marco Rubio Deutschland vorwirft, eine „getarnte Tyrannei“ zu sein. Und er konnte es nicht lassen, einen Beitrag auf X zu posten, der als offene Warnung an alle Mitarbeitende des Bundesamtes für Verfassungsschutz zu verstehen ist, schrieb „Der Westen“ am 06.05.2025.

Später löschte Höcke diese Warnung wieder. Aber der Text war lange genug zu lesen, um Höcke mehrere Strafanzeigen zu bescheren und könnte möglicherweise noch ein juristisches Nachspiel für den AfD-Mann haben. Der später gelöschte Post hatte den Text

„P.S.: Man kann den Angestellten des VS nur dringend raten, sich eine neue Arbeit zu suchen. Am Ende wird es wie immer in der Geschichte heißen: Mitgehangen – mitgefangen.“

Der Bundesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Jochen Kopelke, bezeichnete diese Bemerkung als „widerlich“. Man verurteile die versuchte Einschüchterung aufs Schärfste, so Kopelke gegenüber der „Rheinischen Post“ (hma | 10-2025).

Buchvorstellung | Geschichten vom Widerstand aus dem Ruhrgebiet

4. Mai 2025

Biografische Erzählungen vom Widerstand gegen den Nationalsozialismus im Ruhrgebiet

Die Erinnerung an den Widerstand gegen den Nationalsozialismus steht in Deutschland meist in Verbindung mit Orten wie Berlin oder München, die Wenigsten denken dabei an das Ruhrgebiet. Doch auch hier wurde Widerstand geübt, oft mit dramatischen Konsequenzen

Zum 8. Mai erscheint das Buch Geschichten vom Widerstand aus dem Ruhrgebiet vom Bochumer Fritz Bauer Forum gemeinsam mit dem Verein Kinder des Widerstandes und der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund des Antifaschisten NRW  im Verlag BUXUS EDITION. Auf einer Veranstaltung am 8. Mai wird es in der Fritz Bauer Bibliothek gemeinsam mit Autor*innen vorgestellt. Die Bochumer Schauspielerin Maria Wolf liest Ausschnitte aus drei Geschichten, im Anschluss gibt es jeweils eine Gesprächsrunde.

Die Erinnerung an den Widerstand gegen den Nationalsozialismus steht in Deutschland meist in Verbindung mit Orten wie Berlin oder München, die Wenigsten denken dabei an das Ruhrgebiet. Doch auch hier wurde Widerstand geübt, oft mit dramatischen Konsequenzen. Diesen Widerstand möchte das Fritz Bauer Forum am Tag der Befreiung und in Zeiten massiver Anfeindung unserer Demokratie besonders würdigen.

Das Buch umfasst 14 Lebensgeschichten von Menschen, die im Ruhrgebiet Widerstand gegen das NS-Regime leisteten. Darunter Akteure wie Johann Esser – Verfasser des Moorsoldaten-Liedes – und eher unbekanntere Lebensgeschichten. Das Besondere an diesem Buch ist dabei die Beziehung der Autor*innen zu den Akteur*innen. Die Geschichten handeln nicht von Fremden, sondern von den Eltern und Großeltern. Dies ermöglicht einen, oft sehr persönlichen, Einblick in das familiäre Leben von Arbeiter*innen in Duisburg, Essen, Herne und Oberhausen während des NS-Regimes.

Mit dem Buch werden mutige Menschen gewürdigt, die zeigen, wie vielfältig der Widerstand seitens der Arbeiter*innen des Ruhrgebiets war, so der Herausgeber Tobias Fetzer.

Weitere Infos zur Veranstaltung finden Sie hier.

Ravensbrück | Einweihung einer Skulptur zur Erinnerung an den Frauenwiderstand

4. Mai 2025

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Erinnerungszeichen an die Frauen aus dem Widerstand | Ravensbrück

Am 3. Mai wurde in ehemaligen Konzentrationslager Ravensbrück | Fürstenberg ein Erinnerungszeichen für den Frauenwiderstand gegen den Faschismus eingeweiht.

Noch immer liegt der Fokus hauptsächlich auf dem Widerstand von Männern gegen den Nationalsozialismus. Mit der Aufstellung einer Skulptur zur Erinnerung an die Frauen, die Widerstand leisteten und deshalb nach Ravensbrück verschleppt wurden, leistet die Lagergemeinschaft Ravensbrück/Freundeskreis E.V. einen Beitrag diese Schieflage ein wenig auszugleichen.

Die Unsichtbarkeit der Widerstandskämpferinnen wird damit aufgebrochen. Gezeigt wird, dass es sowohl Frauen als auch Männer gab, die nicht NS-konform agierten. Frauen im Widerstand wird ein Gesicht gegeben und ihr Anteil an der Geschichte wird aufgezeigt.

Vor dem Hintergrund der Leugnung nazistischer Verbrechen und der Verharmlosung des Nationalsozialismus sowie rechtsextremer Umtriebe ist es wichtig, Informationen aus erster Hand über die grausame Zeit der NS-Herrschaft zu vermitteln. Zu lernen, sich nicht anzupassen, und dass es möglich ist, „Nein!“ zu sagen.

Die Waffen nieder! Gegen Krieg, Hochrüstung und Rüstungsexporte!

2. Mai 2025

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Friedenskonferenz der VVN-BdA Nordrhein-Westfalen
Erfolgreiche Arbeit an einem Grundsatzdokument

Die Kriege in der Ukraine und zwischen Israel und Palästinensern, jeweils mit dem Potential eines Flächenbrandes, bestimmen den Diskurs in großen Bereichen der Öffentlichkeit. Die NATO-Lobby in der Ampel-Regierung, den Medien und großen Teilen der Opposition beschwören eine demokratischen NATO-Gemeinschaft mit Partnerländern einerseits und ihren brutalen Gegnern andererseits.

Die Legitimation der Hochrüstung und einer Politik der Konfrontation hat durch die mediale Infiltration des Alltagsbewusstseins große Erfolge. Sie spaltet selbst sozial alternative Bewegungen. Der Riss erfasst auch Teile der Friedens- und Antifa- sowie Ökologiebewegung.

Auf einer Konferenz in Oberhausen hat die VVN-Landesvereinigung Nordrhein-Westfalen, deshalb versucht friedenspolitische Positionen als Grundlage für ihre Bündnispolitik zu erarbeiten. Vier Eingangsreferate boten im Februar 2024 über 100 Teilnehmenden eine Orientierungsgrundlage zur aktuellen geostrategischen, innenpolitischen und vor allem friedenspolitischen Lage – auch im Hinblick auf Bündniserfahrungen.

Referierende waren Peter Wahl, langjähriger attac-Aktivist, Sevim Dagdelen und Andrej Hunko, beide als Bundestagsabgeordnete aus der Gruppe des Bündnis Sara Wagenknecht. Außerdem Jutta Kausch von der Berliner Friedenskooperative. Sie behandelten internationale Krisen und Kriege mit den Schwerpunkten Ukraine und Nahostkonflikt, Positionierung der Bundesregierung zu den aktuellen Krisen und Kriegen, Bestrebungen die Friedensbewegung zu delegitimieren und deren Wirkungen auf Spektren der Friedensbewegung.

Im Anschluss berieten vier Arbeitsgruppen zu den Inhalten der Referate und erarbeiteten Eckpfeiler für eine friedenspolitische Grundsatzerklärung.

Die Ergebnisse dieser Arbeitsgruppen sind in der Broschüre zusammengefasst:

Aufruf zum Gedenken und Feiern 80. Jahre nach der Befreiung von Krieg und Faschismus

30. April 2025

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„Der Aufbau einer Welt des Friedens und der Freiheit ist unser Ziel“
(Schwur von Buchenwald)

Am 8. Mai 2025 jährt sich die Befreiung Europas zum achtzigsten Mal. Überlebende der Vernichtungs- und Konzentrationslager, Deserteure, Widerstandskämpfer und weitere Antifaschistinnen und Antifaschisten haben aus erster Hand über die Terrorherrschaft und die Kriegsverbrechen der Nazis, über den Vernichtungskrieg der Wehrmacht in Osteuropa, den Genozid an den europäischen Juden und den Sinti und Roma, über Verfolgung und Widerstand aufgeklärt. Sie haben erkämpft, dass der 8. Mai als Tag der Befreiung von der Naziherrschaft begangen wird. In ihrer Tradition rufen wir heute dazu auf, den 8. Mai zu begehen – der Tag der Befreiung muss in der ganzen Republik ein Feiertag werden!  

„Die Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzeln ist unsere Losung. Der Aufbau einer neuen Welt des Friedens und der Freiheit ist unser Ziel!“ so formulierten die überlebenden Häftlinge des Konzentrationslagers Buchenwald im April 1945 unmittelbar nach der (Selbst-)Befreiung ihre Maxime. Im Potsdamer Abkommen vom 2. August 1945 formulierten die Vertreter der USA, der Sowjetunion und Großbritanniens als ihre Ziele u.a. die Entmilitarisierung und Entnazifizierung Deutschlands, die Entflechtung der großen Konzerne und die Demokratisierung des befreiten Deutschlands. In beiden Fällen ging es darum, dass der Faschismus sich niemals wiederholen dürfe und ihm deshalb die politischen, militärischen und wirtschaftlichen Grundlagen entzogen werden sollten. Es ging um den Aufbau eines sozial gerechten, antifaschistischen Deutschlands und um Völkerfreundschaft. Um eine zukünftige Welt des Friedens und des kulturellen und sozialen Fortschritts ging es auch bei der Gründung der Vereinten Nationen und der Formulierung ihrer grundlegenden Dokumente.

Angesichts wachsender sozialer Ungleichheit und Aufrüstung, des Erstarkens rechter Kräfte, Enthumanisierung von Politik und steigender Kriegsgefahr gilt es umso mehr, der Befreiung vom Nazifaschismus zu gedenken und die Lehren, die unmittelbar nach Ende des Zweiten Weltkrieges daraus gezogen wurden, zu verwirklichen: Nicht neue, milliardenschwere Hochrüstung und Großmachtgebaren, sondern eine Renaissance von Friedens- und Entspannungspolitik ist die Aufgabe der Zeit. Die Verträge über die Anerkennung der Nachkriegsgrenzen und Abrüstungsmaßnahmen in den 60er Jahren waren auch ein Erfolg von Antifaschistinnen und Antifaschisten, die für Versöhnung und Frieden eintraten. Hunderttausende Menschen sind gegen die Kriegsgefahr auf die Straßen gegangen. Darauf bauen wir heute auf.

80 Jahre nach der Befreiung Europas von Nazismus und Krieg ist die Verwirklichung der Ziele der Vereinten Nationen und des Völkerrechts aktueller und notwendiger denn je. Wir stehen wieder am Rand eines großen Krieges, der diesmal die Vernichtung der gesamten Menschheit bedeuten könnte. Gründe dafür gibt es viele: Die Ausdehnung der NATO bis an die russischen Westgrenzen, der völkerrechtswidrige Krieg Russlands gegen die Ukraine, die gegenseitige Dämonisierung, die Eskalation des Krieges im Nahen Osten. Folgen davon sind gigantische Aufrüstungsprojekte, deren Kosten kaum überschaubar sind und in sozialen, ökologischen und kulturellen Bereichen fehlen,  innere Militarisierung und Schaffung von Feindbildern, wirtschaftliche und finanzielle Probleme in den beteiligten Staaten und die Stärkung äußerst rechter Kräfte, die alle Prinzipien der Menschlichkeit mit Füßen treten, in vielen Teilen der Welt,.

Nötig wären stattdessen, auch und gerade als Lehre aus den Erfahrungen der Nazidiktatur und des Vernichtungskrieges:

  • Gespräche ohne Vorbedingungen zwischen allen Konfliktparteien, um die Kampfhandlungen so schnell wie möglich zu beenden.
  • Anstrengungen aller Seiten, um die Konflikte friedlich zu lösen.
  • Ein System kollektiver Sicherheit zwischen allen Staaten Europas, denn Sicherheit gibt es nur für alle gemeinsam.
  • Abrüstungsmaßnahmen und die Verwendung der freiwerdenden Gelder für zivile Zwecke wie den Ausbau der Sozialsysteme, Maßnahmen zum Schutz der Umwelt und der Menschheit und der wirtschaftlichen Entwicklung armer Staaten und der dort lebenden Menschen.
  • Entmachtung des industriell-militärischen Komplexes
  • Diplomatie von unten durch die weitere Entwicklung von Städtepartnerschaften. Durch die Stärkung von Städtepartnerschaften können zukünftige Konflikte vermindert bzw. verhindert werden.

Diese und weitere Maßnahmen wären auch wirksam gegen das Erstarken rechter Kräfte. Sie umzusetzen würde bedeuten, wirklich Lehren aus Faschismus und der Befreiung von ihm zu ziehen. Das sind wir seinen Millionen Opfern schuldig.

Gedenkfeier am Mahnmal Wenzelnberg bei Langenfeld | April 2025

28. April 2025

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Am 12. April 1945 gegen 16 Uhr erschien ein starkes Polizeiaufgebot auf dem Gelände der Haftanstalt in Lüttringhausen. Mit zwei geschlossenen Lastkraftwagen wurden 60 Häftlinge am frühen Morgen des 13. April 1945 zum Wenzelnberg gekarrt, hinzu kamen noch 11 weitere Häftlinge aus anderen Haftanstalten. Vor Ort wurden die Männer paarweise an den Daumen zusammengebunden und jeweils durch Genickschuss getötet.

FIR erinnert an den Widerstand der Häftlinge in den Konzentrationslagern

27. April 2025

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Heroischer Kampf von Häftlingen in den Konzentrationslagern und Haftstätten

Newsletter 2025-15 dt / FIR | Mit diesem Newsletter möchte die FIR insbesondere an den heroischen Kampf von Häftlingen in den Konzentrationslagern und Haftstätten erinnern, die trotz SS-Terrors Mut und Kraft gefunden haben, sich für ihr Überleben gemeinsam einzusetzen. Seit die Zeitzeugen, die diesen Widerstand geleistet haben, nicht mehr selber Zeugnis ablegen können, erleben wir, dass dieser Teil des antifaschistischen Kampfes zunehmend durch geschichtspolitischen Streit überlagert wird. Das gilt insbesondere für die Selbstbefreiung des KZ Buchenwald am 11. April 1945, also vor 80 Jahren.

Widerstandsgruppen in Konzentrationslagern

Fakt ist, dass insbesondere politische Häftlinge in fast allen Konzentrationslagern versucht haben, Widerstandsgruppen aufzubauen, um sich gemeinsam gegen den SS-Terror zu wehren. Es waren klandestine Netzwerke, gegen die die SS mit einem System von Spitzeln und Morden vorging. Zumeist waren es politische Gegner, die bereits in ihren Heimatländern verbunden waren und wussten, auf wen sie sich selbst unter solchen extremen Bedingungen verlassen konnten. Drei Beispiele seien an dieser Stelle genannt:

Vernichtungslager Auschwitz

Im Vernichtungslager Auschwitz entstand im Mai 1943 neben polnischen Widerstandsgruppen die „Kampfgruppe Auschwitz“, ein Zusammenschluss österreichischer Antifaschisten und einer polnischen Gruppe des Lagerwiderstandes. Dieser Gruppe gehörten insbesondere Kommunisten, Sozialisten, Spanienkämpfer und Partisanen an, die hauptsächlich aus Österreich und Polen, aber auch aus Frankreich, Deutschland, Jugoslawien, der Tschechoslowakei und der Sowjetunion stammten. Darunter befanden sich viele jüdische Häftlinge.

KZ Mauthausen

Etwas früher organisierte sich der politische Widerstand im KZ Mauthausen. Zuerst ging es um die Suchen nach Gleichgesinnten und gegenseitige Hilfeleistung, die Bildung von kleinen Gruppen, um durchzuhalten und den Lebenswillen zu stärken. In der zweiten Etappe formierten sich aus den nationalen Häftlingsgruppen zumeist kommunistische Parteigruppen und damit verbunden ein organisierter Widerstand. Die militärischen Erfolge bei Stalingrad und Kursk trugen dazu bei, dass unter den Häftlingen der Widerstandswille deutlicher wurde. Die dritte Etappe schließlich bestand in der Bildung einer internationalen Widerstandsorganisation, der Verdrängung der „grünen Winkelträger“ aus Häftlingsfunktionen und der Vorbereitung auf einen militärischen Kampf. Der antifaschistischen Militärorganisation gehörten zum Schluss etwa 700 Häftlinge an. Als am 5. Mai mittags Einheiten der US-Armee das Lager erreichten, öffneten Häftlinge die Tore des Lagers, auf dem Turm hissten sie eine Rote Fahne. Die Widerstandsorganisation übernahm  die innere und äußere Sicherung des Lagers.

KZ Buchenwald

Militärorganisation besorgte sich Waffen

Beim Aufbau des KZ Buchenwald verlegte die SS – ohne es zu ahnen – aus dem KZ Lichtenburg eine bereits bestehende illegale kommunistische Widerstandsorganisation in das Lager. Diese wurde zum Nukleus des späteren Widerstands. Ab 1939 kamen ausländischen Häftlinge in das Lager. Mit ihnen gemeinsam wurde 1942 ein Internationales Lagerkomitee (ILK) geschaffen, dem verschiedene nationale Widerstandsgruppen angehörten. 1943 bauten diese Häftlinge zum Selbstschutz eine Internationale Militärorganisation (IMO) auf. Unter Leitung von Otto Roth waren es zuerst deutsche, französische und sowjetische Häftlinge. Die deutschen Häftlinge nutzten die Möglichkeiten des Lagerschutzes und der Lagerfeuerwehr, Einrichtungen, die im Auftrag der SS geschaffen worden waren. Die Militärorganisation besorgte sich Waffen. Aufgabe der IMO war den Schutz der Häftlinge bei einer befürchteten Vernichtung des Lagers beim Vormarsch der Alliierten sein.

Anfang April 1945, noch befanden sich über 50.000 Häftlinge in Buchenwald, begann die SS, das Lager zu evakuieren. Häftlingsgruppen wurden auf Todesmärsche geschickt. Das ILK behinderte mit seinen Möglichkeiten diese Evakuierungen. Entgegen den Anordnungen der SS blieben bis zum 10. April über 20.000 Häftlinge im Lager, als sich der Großteil der SS-Einheiten vor der heranrückenden US-Armee absetze. Gleichzeitig bestand die Drohung, dass die Wachmannschaften ein Massaker unter den verbliebenen Häftlingen anrichten würden. Als amerikanische Truppen in der Nähe des Lagers waren, entschied sich das ILK für einen Aufstand und erteilte dem Leiter der IMO die Freigabe der Waffen.

Kampfgruppen stießen gegen die Türm

Die Kampfgruppen stießen gegen die Türme vor, durchbrachen an vorher festgelegten Stellen die Tore und Drahthindernisse, besetzten die Postentürme und rüsteten mit den dort erbeuteten Waffen weitere Militärkader aus. Um 15.15 Uhr flatterte die weiße Fahne auf dem Haupttor. Der Lagerälteste Hans Eiden verkündete durch das Mikrophon „Kameraden, wir sind frei! Die Faschisten sind geflohen. Das internationale Lagerkomitee hat die Macht übernommen.“ Am 13. April 1945 übernahm ein Befehlshaber der III. US-Armee das Lager.

Selbst unter faschistischem Terror war Widerstand möglich

Die Selbstbefreiung des KZ Buchenwald am 11. April 1945 zeigt, wie selbst unter den Bedingungen des faschistischen Terrors antifaschistischer Internationalismus zur Rettung von über 20.000 Häftlingen, darunter über 900 Kinder und Jugendliche, führte. Diese Leistungen des Widerstandes in allen Lagern und Haftstätten werden die FIR und ihre Mitgliedsverbände immer in Ehren halten. Es ist unsere gemeinsame Tradition und politisches Vermächtnis.  

Schwur von Buchenwald ist Leitmotiv der VVN-BdA

27. April 2025

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Die Landesvereinigung Nordrhein-Westfalen der VVN-BdA

Die VVN-BdA wurde 1946/47 als Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN) in allen vier Besatzungszonen gegründet. In ihr organisierten sich Frauen und Männer, die während der Naziherrschaft verfolgt wurden, den Holocaust überlebt, Widerstand geleistet haben oder vor dem Hitlerfaschismus fliehen mussten. Sie ist die älteste antifaschistische Organisation Deutschlands und verbindet Antifaschistinnen und Antifaschisten aller Generationen.

Die Landesvereinigung Nordrhein-Westfalen wurde am 26. Oktober 1946 in Düsseldorf von den Delegierten der über 50.000 Naziopfer des Landes gegründet.

1971 öffnete sich die VVN auf ihrem Bundeskongress in Oberhausen für junge Antifaschistinnen und Antifaschisten und trägt seitdem den Zusatz „Bund der Antifaschisten“ (heute: „Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten“).

Der rote Winkel war in den faschistischen Konzentrationslagern Kennzeichen für die politischen Häftlinge und ist heute das Symbol der VVN-BdA.

Die Vernichtung des Faschismus mit seinen Wurzeln, der Aufbau einer neuen Welt des Friedens und der Freiheit ist unser Ziel.

Der Schwur der befreiten Häftlinge des Konzentrationslagers Buchenwald ist bis heute aktuell geblieben und unverändert gültiges Leitmotiv der VVN-BdA.

Teilnahme russischer Vertreter an Gedenkveranstaltungen in Deutschland

27. April 2025

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Offizielle Stellungnahme des Botschafters der Russischen Föderation, Sergei Netschajew

„Vor dem Hintergrund der in den deutschen Medien breit geführten Diskussion hinsichtlich der Teilnahme offizieller russischer Vertreter an Gedenkveranstaltungen auf den sowjetischen Kriegsgräberstätten in Deutschland und mit Hinblick auf die zahlreichen Spekulationen hierzu möchte ich folgende Akzente setzen.

Der Tag des Sieges ist ein Feiertag, der jedem Menschen in Russland heilig ist. Der Vernichtungskrieg, den die Nazis gegen die Sowjetunion vom Zaun gerissen hatten, forderte das Leben von 27 Millionen Sowjetbürgern. Die Verbrechen des Dritten Reiches und seiner Schergen müssen als Genozid an den Völkern der UdSSR anerkannt werden. Wir rufen dazu den neuen Deutschen Bundestag und die neue deutsche Bundesregierung auf, sobald diese gebildet wird.

Als Fortsetzerstaat der Sowjetunion hält Russland das Andenken der Gefallenen in Ehren. Dabei hat unser Land die heldenhaften Leistungen der sowjetischen Soldaten und die immensen Opfer, die von dem Sowjetvolk für den Sieg gebracht worden waren, nie nach Nationalität unterschieden. Der Sieg ist unser gemeinsames Gut und die Erinnerung an die Opfer des Krieges unser gemeinsamer Schmerz. Russen, Belarussen, Ukrainer, Kasachen und Angehörige von mehr als hundert Völkern der UdSSR standen im Schulterschluss zusammen und konnten nur zusammen siegen.

Auf dem Territorium Deutschlands befinden sich mehr als viertausend Grabstätten, in denen über 700.000 Sowjetsoldaten ruhen. Von Herzen danken wir den deutschen Gemeinden und Kommunen, dem Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge und den Menschen in Deutschland für den fürsorglichen Umgang mit den sowjetischen Kriegsgräbern und Gedenkstätten.

Im Vorfeld des 80. Jahrestages der Befreiung Deutschlands und Europas vom Nazismus planen die russischen diplomatischen Vertretungen zusammen mit Kollegen aus der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten eine Vielzahl von Gedenkveranstaltungen, bei denen wir Kränze und Blumen niederlegen, uns tief an den Gräbern der Sowjetsoldaten verneigen und auf ihre unsterblichen Heldentaten besinnen wollen. Dazu laden wir Veteranen, russische Landsleute, deutsche Bürger und alle ein, die das Andenken der Befreier in Ehren halten. Gern nehmen wir auch an uns gerichtete Einladungen an.

Entschieden weisen wir die Versuche zurück, uns eine ‚propagandistische Instrumentalisierung‘ der Gedenkveranstaltungen vorzuwerfen. Wir haben immer deutlich gemacht und wollen auch heute deutlich machen, dass die Erinnerung an den Zweiten Weltkrieg, den entscheidenden Anteil der Roten Armee an der Zerschlagung des Nazismus und die kolossalen Opfer des Sowjetvolkes nicht von der jeweils aktuellen politischen Agenda abhängen, verdreht oder verschwiegen werden darf. Das ist unsere feste Überzeugung.

Die Versuche einer Instrumentalisierung sehen wir hingegen in den Verboten, die Symbole des Sieges sowie die Staatsflaggen der UdSSR und Russlands in der Öffentlichkeit zu zeigen, im Ausschluss russischer und belarussischer Vertreter vom gemeinsamen Erinnern und in den Anspielungen auf einen womöglich mit Gewalt einhergehenden Verweis offizieller Vertreter unserer Länder vom Gelände der Gedenkstätten. Den Ideengebern für derlei Maßnahmen gereicht das nicht zur Ehre.

Unsere Aufgabe ist es, den anstehenden Jahrestag des Großen Sieges in Würde zu begehen, der Befreier Deutschlands und Europas vom Nazismus zu gedenken, an ihren Denkmälern Blumen und Kränze niederzulegen und uns an ihren Gräbern zu verneigen. Genau das werden wir tun. Alle, die dabei sein wollen, sind herzlich eingeladen, sich uns in diesem Gedenken anzuschließen.“

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