„Auf was warten wir noch?“
20. September 2022
Krieg, Rüstungsindustrie, Ukraine
Sehr geehrte Frau Strack-Zimmermann,
auf Seite zwei der Rheinischen Post vom 19. Sep. 2022 (hier) hatten Sie Gelegenheit für weitere Waffenlieferungen an die Ukraine zu werben. In Ihrem Artikel „Auf was warten wir noch?“ vermitteln Sie ihre profunden Kenntnisse der verschiedenen Waffensystem, die unser Land inzwischen in den Krieg geliefert hat. Sie verlangen besonders die Lieferung von Panzern der Marke Leopard 2. Dabei handelt es sich meines Wissens nach um eine reine Angriffswaffe, die von dem Düsseldorfer Rheinmetall-Rüstungskonzern produziert wird.
Nur in einem kurzen Abschnitt Ihres sehr wehrtechnisch gehaltenen Artikels, gehen Sie auf die politische Dimension dieser Auseinandersetzung ein:
„Eine Niederlage der Ukraine würde eine Niederlage für die wertebasierte freie westliche Welt bedeuten“.
Umgekehrt, vermute ich, würde ein Sieg der Ukraine die Russische Föderation nachhaltig schwächen. Das kann ja der Kreml niemals akzeptieren. Ihrer Logik nach nimmt das Sterben dann solange kein Ende, bis eine Seite verliert.
Mit Ihrem Hinweis auf die wertebasierte frei westliche Welt, machen Sie außerdem deutlich, dass es sich nicht um einen Krieg zwischen der Russischen Föderation und der Ukraine handelt, sondern zwischen Russland und der westlichen Welt. Also einen sogenannten Stellvertreterkrieg. Wer für Sie bereits jetzt als Opfer feststeht, beschreiben Sie sehr schön an einer Stelle Ihres Artikels:
„Wer anführt, dass deutsche Panzer in der Ukraine nichts zu suchen haben, verkennt die Tatsache, dass es völlig unerheblich ist, wer den Panzer entworfen hat und wo er gebaut worden ist. Entscheidend ist, wer den Panzer fährt. Und das sind ausschließlich ukrainische Soldaten.“
Es ist keineswegs unerheblich wer die Panzer entworfen und gebaut hat. Derjenige trägt mindestes genauso Verantwortung, wie derjenige, der sie fährt. Besonders erheblich ist es für die Menschen, nämlich ukrainische, oder russische Soldaten und Zivilisten, ob sie als potentielle Opfer vorgesehen sind.
Der Kurs der Rheinmetallaktie hat seit Beginn des Krieges den Aktionären sehr viel Freude bereitet. Der Verein Lobbycontrol kritisierte Ihre Mitgliedschaften (hier) beim Förderkreis Deutsches Heer e.V. und der Deutschen Wehrtechnischen Gesellschaft e.V. . Dies sei mit Ihrem Vorsitz im Verteidigungsausschuss schlecht vereinbar. Beide Organisationen hätten eine große Nähe zur Rüstungsindustrie, die damit einen direkten Zugang zum Parlament erhalten. Vielleicht geht es ja doch um´s Geschäft.
Nicht, dass Sie mich jetzt missverstehen. Der Kreml trägt die Verantwortung für die Entfesselung diese Krieges und wird, unabhängig vom Ausgang, eine schwere moralische Last für die von ihm verursachte Zerstörung tragen.
Trotzdem führt kein Weg daran vorbei, dass die Waffen schweigen müssen. Dafür müssten Sie sich und natürlich alle anderen verantwortlichen Politikerinnen und Politiker einsetzen. Diplomatische Initiativen, vertrauensbildende Maßnahmen jeder Art sind angesagt um das Sterben sofort zu beenden. Dazu gehört auch der Stopp der Waffenlieferungen an die Kriegsparteien. Alles andere würde bedeuten den Konflikt weiter zu eskalieren. ein Atomkrieg – und das in Europa – ist dann nicht mehr auszuschließen.
Das sich die Mehrheiten in der deutschen Bevölkerung in der Haltung zum Ukrainekrieg ändern, können sie der Umfrage, die das Meinungsforschungsinstitut Forsa für das RTL/ntv-Trendbarometer Ende August durchgeführt hat. Die Frage war:
Wie sehen die Bundesbürger den Ukraine-Krieg? Sollen weiter Gespräche mit Wladimir Putin geführt werden? Werden genug Waffen geliefert?
- 77 Prozent der Bundesbürger sind der Meinung, dass der Westen Verhandlungen über eine Beendigung des Ukraine-Kriegs anstoßen sollte. 17 Prozent fanden, der Westen solle das derzeit nicht tun. 87 Prozent der Befragten halten es demnach für richtig, dass westliche Regierungschefs weiterhin mit Russlands Präsident Wladimir Putin sprechen. 11 Prozent fanden das nicht richtig.
- Knapp ein Drittel der Bundesbürger (32 Prozent) sprach sich der Umfrage zufolge dafür aus, mehr schwere Waffen an die Ukraine zu liefern – auch wenn dies zulasten der Ausstattung der Bundeswehr ginge. Dagegen waren 62 Prozent der Bundesbürger der Meinung, dass Deutschland das nicht tun solle.
Vielleicht hilft Ihnen das ja Ihre Haltung zu überdenken.
Zum Schluss noch ein Zitat von Erich Maria Remarque:
„Ich dachte immer, jeder Mensch sei gegen Krieg, bis ich herausfand, dass es welche gibt, die dafür sind, besonders die, die nicht hingehen müssen“.
Gruß aus dem Rheinland.
Falk Mikosch