„Geldquellen der Hitler-Armee“

6. Februar 2019

Die Arbeiter Illustrierte Zeitung war in den 20er und 30er Jahren eine gern gelesene Illustrierte, die den Interessen der arbeitenden Menschen verpflichtet war. Wir veröffentlichen aus der AIZ Nr. 29 vom Juli/August 1932 den Report über die Geldquellen der Hitlerpartei. Die darin geschilderten „Münchner Neuesten Nachrichten“, die hier als Vermittlerin der Zahlungen an Hitler geschildert werden, waren im Besitz von Paul Reusch, Gutehoffnungshütte, nach dem im Ruhrgebiet noch immer Straßen benannt sind.

Millionen verschlingt allmonatlich der Parteiapparat, die Propaganda und die Systemarmee Hitlers. Woher kommt das Geld?
„Die nationalsozialistische Bewegung ist so groß und innerlich gesund, daß sie sich aus eigenen Mitteln finanzieren kann,“ schreibt Herr Goebbels in seinem Buch „Kampf um Berlin“. Das ist wie vieles, was Goebbels sagt, nicht wahr. Hitler und seine Partei brauchen viel mehr Geld, als sie aus eigenen Mitteln aufbringen können.
Hitler selbst hat es zugestanden. In der spanischen Tageszeitung „A. B. C:“ hat ein Journalist am 6. April 1932 geschildert, wie Hitler dem ehemaligen Admiral Vollerthum, dem Redakteur der schwerindustriellen „Münchner Neuesten Nachrichten“, in seiner Münchener Privatwohnung eine Szene gemacht hat. Der Journalist schreibt:
„Hitler beklagt sich über eine gewisse Verzögerung der Summen, die man ihm zur Rekrutierung und Bestreitung der Bedürfnisse seiner Leute versprochen hat. ‚So kann es nicht weitergehen!‘ ruft Hitler gebieterisch und drohend aus, ‚die Zeitverstreicht, die Ereignisse überstürzen sich. Ich brauche Geld, Geld, viel Geld …‘ Der Admiral versucht Hitlers Ungeduld zu beschwichtigen. ‚Gewiß, Sie werden alles Geld erhalten, das sie benötigen. Die Herren werden begreifen, da? Es dringend ist.‘“
Die Nationalsozialistische Partei wendet sich ständig mit Bettelbriefen an die Industriellen. In einem vertraulichen Brief der Landesgeschäftsstelle Stuttgart der NSDAP an den Großindustriellen Geheimrat Bosch heißt es:
„Die NSDAP hat sich den Schutz des rechtmäßig erworbenen Eigentums auf ihr Programm geschrieben. Durch die Begeisterung ihrer Anhänger und durch ihre straffe Organisation ist sie allein in der Lage, dem Terror von links wirksam entgegenzutreten. Leider ist das ohne bedeutende Geldmittel nicht zu machen. Es bleibt uns daher nichts anderes übrig, als uns an die deutsch und deutschvölkisch gesinnten Kreise aus Industrie und Handel mit der Bitte um Unterstützung zu wenden.“
Und die Industriellen geben mit offener Hand. So meldet die „Rheinische Zeitung“ vom 25. Mai aus Essen:
„Vor kurzer Zeit hat der Bergbauverband in Essen, im wesentlich identisch mit dem Zechenverband, der schon vor den Septemberwahlen des vorigen Jahres gewaltige Summen in die Kassen der Nationalsozialisten gegeben hat, der nationalsozialistischen Parteileitung wiederum eine halbe Million bewilligt. … Der Antrag wurde mit unerheblicher Mehrheit angenommen und beschlossen, die Summe im Umlegungsverfahren nach einer bestimmten Verrechnungsmethode auf die angeschlossenen Zechen zu verteilen.“
Millionen geben die Großindustriellen, Großgrundbesitzer, Bankiers und ehemalige Fürsten. Wir kennen bei weitem nicht alle Namen derer, die bereit sind, sich ihr Eigentum von der NSDAP gegen den „Terror von Links“ wirksam schützen zu lassen. Aber wir kennen viele Namen. Sie sind aus Briefen der Konkurrenten, aus Erklärungen der Geldgeber selbst, aus Bettelbriefen und Quittungen in der Öffentlichkeit bekannt geworden. Es sind lauter Namen, die in der deutschen Großindustrie, Landwirtschaft und in der Bankwelt einen guten Klang haben. So der geheime Kommerzienrat Aust und der Syndikus Dr. Kuhle vom Bayerischen Industriellenverband. Die bayerischen Fabrikanten Maffei und Hornschuh. Der Klavierfabrik Bechstein. Der Spitzenfabrikant Mutschmann. Der Großindustrielle Herr Borsig. Der Führer des Rheinisch-Westfälischen Kohletrusts Kirdorf. Der Generaldirektor des größten Kalikonzerns der Welt Rostberg. Sie alle sind in der Öffentlichkeit als Gönner und Förderer von Hitler und seiner Partei aufgetreten. Vom Bergbauverein Essen und seinen Zuwendungen an die NSDAP haben wir schon gehört. Herr Krupp von Bohlen und Halbach hat ausgeplaudert, daß ein Teil der in der Gruppe Nord-West zusammengefaßten Großindustriellen des Ruhrgebiets die Nationalsozialisten finanziert. Die verkrachten Brüder Lahusen vom Nordwolle-Konzern haben aus ihrer Unterstützung der NSDAP niemals ein Geheimnis gemacht. Herr Fritz Thyssen schloß den Vortrag des „Führers“ vor den Industriellen in Düsseldorf mit einem lauten „Heil Hitler!“ Daß er es nicht beim Heilrufen allein bewenden läßt, ist allgemein bekannt. Hinter diesen deutschen Geldgebern tauchen die Größen des internationalen Kapitals auf. Die Todfeinde der Sowjetunion, der Petroleumindustrielle Detering und der internationale Finanzmann und Großspekulant Kreuger, haben der NSDAP große Geldsummen zukommen lassen. Die deutschen Direktoren der tschechischen Waffenfabriken Skoda, die von der Weltkriegsfirma Schneider-Grousot finanziert werden, haben Hitler mit Geld unterstützt. Die Freundschaft des Berliner Bankiers Stauss von den D-Banken mit Hitler und seinen Unterführern, die in seiner Villa ein- und ausgehen, ist bekannt.
Wenn die Industriellen und Bankiers es nicht scheuen, auch in der Öffentlichkeit als Gönner und Geldgeber Hitlers aufzutreten, so bleiben die Großgrundbesitzer gern im Dunkeln. Aber auch sie geben und sie geben reichlich. In einem vertraulichen Rundschreiben hat die Deutschnationale Volkspartei von Mittelschlesien das ausgeplaudert:
„Deutschnationale Gutsbesitzer stiften für nationalsozialistische Sammlungen (Winterhilfe, nationalsozialistischer Kampfschatzfonds, SA-Ausrüstungen und dergleichen). Wir finden leider meist verschlossene Türen.“
Was von den schlesischen Gutsbesitzern gilt, trifft auf die mecklenburgischen, pommerschen und ostpreußischen, die ja schon seit Jahren Hitlers Leute bei sich halten und verpflegen, noch mehr zu. Offen treten die größten der Großgrundbesitzer, die ehemaligen Fürsten und Fürstensöhne für Hitler ein. In Westdeutschland ist der ehemalige Prinz Christian zu Schaumburg-Lippe als Geldgeber der NSDAP bekannt. In Thüringen tut sich besonders der ehemalige Herzog Karl Eduard von Schsen-Koburg-Gotha als Nazigönner hervor. Die ehemaligen Großherzöge von Oldenburg tun das ihrige im Norden des Reiches. Aber auch der Fürst der Fürsten, der Ex-Kaiser Wilhelm II., steht nicht zurück.
Woher kommt dieses Geld, mit dem die Industriellen, Großgrundbesitzer und Bankiers so freigebig umgehen, um sich ihr „wohlerworbenes Eigentum“ durch Hitlers „straff organisierte“ Bewegung schützen zu lassen?
Es ist euer Geld, Arbeiter, Angestellte und Bauern, das hier auf dem Umwege über die Kassenschränke der Ausbeuter den Todfeinden der Werktätigen zugeleitet wird! Ihr seid es, die in Fabriken, Büros und auf den Feldern durch Eure Arbeit neue Werte schafft. Euch werden diese Werte gestohlen, von denen, die die Verfügung über die Betriebe, Büros und Landgüter haben. Ihr könnt mit kärglichem Lohn oder mit Unterstützungsgroschen nach Hause ziehen. Von dem, was euch geraubt wird, bezahlt man den Parteiapparat, die Propaganda und die Systemarmee Hitlers!
Wenn ihr die Quellen verstopfen wollt, aus denen sich die braune Mordpest und ihre Anführer nähren, so gilt es, dem ganzen System an den Kragen zu gehen, so gilt es, ein für allemal mit der Ausbeutung durch Unternehmer, Bankiers und Großgrundbesitzer Schluß zu machen.

Warum geben die Ausbeuter Millionen für Hitler und seine Privatarmee?

„Wir müssen unsere Betrachtung des Wirtschaftsprogrammes diejenigen Maximen voranstellen, die im ursprünglichen Programm nicht oder nicht in aller Deutlichkeit vorhanden sind, von denen aber aus anderen authentischen Äußerungen absolut feststeht, dass sie allgemeine Anerkennung in der Partei genießen. Es sei deshalb vorausgeschickt, daß die legitimen Ansprüche des Kapitals – genauer gesagt der einzelnen Kapitaleigner – auf Sicherstellung und angemessenen Nutzen nicht angegriffen werden, sondern im Gegenteil zu schützen sind.“ (Dr. Hans Reupke in seiner Erklärung der 25 Punkte der NSDAP.)