hma-meldungen 17-2023

23. August 2023

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AfD-Stadträtin steigt aus

Bad Kissingen. Die AfD-Stadträtin Freia Lippold-Eggen aus Bad Kissingen ist aus der AfD ausgetreten. In einem Interview hatte sie das Vorgehen der AfD mit dem der NSDAP im Jahr 1933 verglichen. „Um an die Macht zu kommen, nutzen sie die Schwächen der Demokratie – jener Demokratie, die sie abschaffen wollen“, erläuterte die Kommunalpolitikerin der „Saale-Zeitung“. „Das funktioniert wie 1933, genau so wurde auch die NSDAP groß. Die AfD tut das ohne Anstand. Ich muss es so deutlich sagen, denn: Wer schweigt, stimmt zu.“ Die AfD träume von der Übernahme der Macht, zumindest aber vom Mitregieren, so Lippold-Eggen. Der extrem rechte Flügel nutze die Erschöpfung der Bevölkerung aus, die aus Frust heraus die AfD wähle. Diese Menschen würden auf ein Heilsversprechen hoffen. Aber, „wenn die Rechten kommen, wird es noch schlimmer – die halten sich nicht an Rechtsstaatlichkeit.“ Sie verweist auf einen AfD-Funktionär aus Unterfranken, der eine ethnologisch saubere Gesellschaft durch eine Vermischung geschwächt sehe und daher keine Ausländer mehr im Land haben will. Diese Menschen würden Ausländer für ihr eigenes Unvermögen haftbar machen. Dies sei die Marschrichtung der Rattenfänger, wie 1933. Der Rechtsruck der AfD sei von langer Hand geplant gewesen. Dazu gehöre die Installation von extremen Rechten in den Wahlkreisen. Wenn dies so weitergehe, sei sie für ein Verbot der AfD. Und sie hoffe darauf, dass es noch „mehr Anständige“ gebe, die aus der AfD austreten. Niemand brauche hinterher zu sagen, man habe von nichts gewusst (hma).

Erfolgreiche Klage

Henstedt-Ulzburg. Das Schleswig-Holsteinische Verwaltungsgericht hat am 11.August die Gemeinde Henstedt-Ulzburg dazu verpflichtet, der AfD in Schleswig-Holstein für ihren Landesparteitag am 16.September den Zugang zum Bürgerhaus der Gemeinde zu gewähren. Die AfD hatte gegen einen Ablehnungsbescheid der Gemeinde geklagt. In den Jahren zuvor konnte die AfD das Bürgerhaus für ihre Landesparteitage nutzen. In diesem Jahr wollte die Gemeinde der AfD ihre Immobilie nicht überlassen. Sie befürchte Störungen, so die Begründung. Diese hatte es allerdings auch schon bei den bisherigen Parteitagen gegeben. Nach Auffassung des Gerichts gebe es keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass es zu einem gewalttätigen Aufeinandertreffen von Veranstaltungsteilnehmern und Gegendemonstranten komme. Dies lasse sich durch polizeiliche Maßnahmen unterbinden. Gegen diesen Beschluss kann die Gemeinde innerhalb von zwei Wochen beim Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgericht Beschwerde einlegen. Der Versuch, die einzig wahre Oppositionspartei Deutschlands zu behindern, sei gescheitert, erklärte Kurt Klaus Kleinschmidt, Landesvorsitzender der AfD in Schleswig-Holstein zu dem Beschluss des Gerichts (hma).

Vortrag in Pforzheim

Pforzheim. Der unter dem Namen Ken Jebsen bekannt gewordene KenFM-Gründer Kayvan Soufi-Siavash hält am 18.September einen Vortrag „im Raum Pforzheim“. Dieser findet unter dem Motto „Angst essen Freiheit auf!“ statt. „Wer den Menschen um seinen Drang zur Freiheit bringen möchte, muss die Technik beherrschen, Massen über den Hebel der Angst in Schach zu halten“, heißt es in der Bewerbung der Veranstaltung. „Der vom Mensch gemachte politische Klimawandel hat das Ziel, echte Demokratie und damit tatsächliche Freiheit für alle Zukunft unmöglich zu machen“. „Wer die Techniken der permanenten Propaganda durchschaut, kann sich erfolgreich gegen die eigene Manipulation wehren – angstfrei!“, womit der Inhalt des Vortrags weitgehend dargestellt ist. Der genaue Ort der Veranstaltung wird Kartenkäufern 48 Stunden vor Beginn der Veranstaltung mitgeteilt. Beworben wird die Veranstaltung u.a. auf apolut.net (hma).

hma-meldungen 16-2023

4. August 2023

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Demo „für den Weltfrieden“ in Berlin

Berlin. Die Organisation „Wir sind Viele“ will am Samstag, den 5.August, eine Demonstration „für den Weltfrieden“ in Berlin durchführen. „Wir sind Viele“ bezeichnet sich als Organisation „für Frieden, Freiheit, Wahrheit und Liebe“ und tritt u.a. für die „Aufarbeitung der Corona-Politik“, für „Freie und unabhängige Medien ohne Propaganda“ und für den „Bargelderhalt“ ein. Angekündigt werden das Auftreten u.a. von Michael Ballweg aus Stuttgart, Gründer von „Querdenken-711“, von Anselm Lenz & Heinrich Sodenkamp, Mitherausgeber der Zeitung „Demokratischer Widerstand“, von Wolfgang Kochanek, im vergangenen Jahr Mitorganisator des „Marsch auf das Schloss“ in Hambach, von Ralf Ludwig, 2021 Schirmherr der Aktion „Das Volk gegen Corona“, der Auftritt eines „Überraschungsgastes der Extraklasse“ sowie mehrere Künstler. Beginnen soll der „Tag der Aufarbeitung für eine Zukunft in Frieden, Freiheit und Freude“ um 13 Uhr mit einer Auftaktkundgebung am Brandenburger Tor. Um 14 Uhr wird es dann eine Demonstration geben, die um ca. 16 Uhr mit einer Abschlusskundgebung enden soll (hma)

Konferenz des Mises Institut in München

München. Das Ludwig von Mises Institut Deutschland e.V. will am Samstag, den 7.Oktober, in München eine Konferenz unter dem Motto „Der Kampf um die öffentliche Meinung“ durchführen. Auf dieser Konferenz, die von 10 bis 18 Uhr im Hotel „Bayerischer Hof“ stattfinden soll, wird es darum gehen, wie dieser Kampf „geführt wird, wieso er so wichtig ist und um welche Ideen es geht“, so die Bewerbung dieser Veranstaltung. Als Referenten dieser Konferenz werden der ehemalige ZDF-Nachrichtensprecher und „Junge Freiheit“-Autor Peter Hahne („Werden wir alle manipuliert? – Nur mit Wahrheit aus der Krise!“), Prof. Dr. Philipp Bagus („Cancel Culture und Safe Spaces: Die große Umerziehung – und wie man ihr entgegenwirkt“), Olivier Kessler („Mit welchen Sprach- und Rhetorik-Tricks man uns die Irre führen will – und wie man sie entzaubern kann“) und der „Junge Freiheit“-Autor Prof. Dr. Thorsten Polleit („Die falsche Priesterschaft der Intellektuellen und das Fiat-Geld“) angekündigt. Beworben wird die Konferenz u.a. in der „Jungen Freiheit“ (hma).

Die rechte Wahl

Steigra. In einem Artikel auf der Internetseite der neurechten Zeitschrift „Sezession“ begrüßt Götz Kubitschek, verantwortlicher Redakteur dieser Zeitschrift, die Wahl von Maximilian Krah zum Spitzenkandidaten der AfD-Liste für die Europawahl im kommenden Jahr. Krah sei „kein Opportunist, sondern jemand, der ein grundsätzlich alternatives Programm vorgelegt hat“, so Kubitschek mit Verweis auf Krahs Buch „Politik von rechts. Ein Manifest“, erschienen in Kubitscheks Verlag Antaios. Es gehe „ihm und denen, die denken wie er denkt, nicht um Kurskorrekturen und um eine politische Existenz als kleiner Bruder an der Seite einer Union, die wie selbstverständlich die Richtung vorgeben würde.“ Während Krah in Magdeburg seine Wahl gewann, sei das „aktivistische Vorfeld unter der Führung von Martin Sellner“ in Wien aufgetreten und habe eine Demonstration der Identitären Bewegung durchgeführt. Man dürfe das eine vom anderen nicht trennen. „Eine Partei wäre ohne ein forderndes, vorpreschendes, ebenso lautstarkes wie von Wahlen unabhängiges Vorfeld ein Gewächs ohne Humus“, so Kubitschek. „Krah in Magdeburg, Sellner in Wien – das sind Zahnräder, das ist die gelungene Verschränkung von Vorfeld und Partei, von Nachdenken und Umsetzen“ (hma).

hma-meldungen 15-2023

20. Juli 2023

Gefängnisstrafe für Fitzek

Wittenberg. Das Amtsgericht Wittenberg hat in der vergangenen Woche das selbsternannte Oberhaupt des „Königreichs Deutschland“, Peter Fitzek (57), wegen vorsätzlicher Körperverletzung und Beleidigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 8 Monaten verurteilt. Deren Vollstreckung ist nicht zur Bewährung ausgesetzt worden, teilte die Pressestelle der Justiz Sachsen-Anhalt mit. Das Gericht hat es als erwiesen angesehen, dass Fitzek am 1.März 2022 im Dienstgebäude des Landkreises Wittenberg eine Frau im Zuge einer verbalen Auseinandersetzung gegen eine Tür gestoßen und ihr dann einen Fußtritt versetzt hatte. Zwei zufällig anwesende Angehörige der Bundeswehr, die Amtshilfe leisteten und Fitzek aus dem Gebäude geleiteten, beschimpfte dieser als „Faschistenschweine“. Der Verteidiger Fitzeks hatte einen Freispruch gefordert. Fitzek selbst verließ während der mündlichen Urteilsbegründung den Sitzungssaal. Das Urteil ist nicht rechtskräftig (hma).

Strafanzeige für Reichelt

Berlin. Alfonso Pantisano (SPD), Berlins neuer Queer-Beauftragter, hat wegen eines Tweets Strafanzeige gegen den Journalisten und Ex-„Bild“-Chefredakteur Julian Reichelt gestellt. Konkret geht es um das Hissen der Regenbogenflagge vor dem Berliner Polizeipräsidium. Reichelt kommentierte dies mit den Worten „Jeder vernünftige Mensch in diesem Land würde sich wünschen, daß vor der Polizei und vor den düstersten Fassaden unserer Geschichte nie wieder die Flaggen einer politischen Bewegung gehisst würden. Jede totalitäre Ideologie hat schon immer die ‘Solidarität’ beschworen.“ Pantisano sieht in dieser Aussage den Straftatbestand der Volksverhetzung erfüllt. „Wir leben in gefährlichen Zeiten“, kommentierte Reichelt die Strafanzeige gegen sich. „Es besteht kein Zweifel, wenn dieser Verrückte könnte (und er arbeitet genau darauf hin), würde er unliebsame Journalisten einfach verhaften lassen.“ Pantisanos Kritik richtet sich auch gegen das neue Internetportal Nius.de der Firma Vius SE § Co. KGaA, an der Reichelt mit 13 Prozent beteiligt ist. Grund dafür ist deren Dokumentation „Trans ist Trend“, die vor rund einer Woche erschienen war und die allein auf YouTube fast 200.000 Aufrufe erzielte. Laut Pantisano werden in dem Film „unzählige volksverhetzende Falsch- und Desinformationen gegen die queere Community“ verbreitet. „Wenn wir uns gegen Hass und Gewalt gegen queere Menschen aussprechen, dann ist es unsere Aufgabe, solche Vorfälle zu ahnden“, so Pantisano. Er vertraue sehr auf unsere Sicherheits- und Ermittlungsbehörden, die sich nun mit diesen Straftatbeständen auseinandersetzen werden, betonte er. Seitdem er dies bekannt gemacht habe, habe er „Hunderte Hass-Nachrichten auf verschiedenen Kanälen“ bekommen. Das rechtskonservative Internetportal Nius.de, das „die Stimme der Mehrheit“ sein will, soll bald auch durch einen eigenen Fernsehkanal flankiert werden (hma).

Neuwahlen bei den CDL

Hannover. Die „Christdemokraten für das Leben“ (CDL) haben in Hannover einen neuen Landesverband Niedersachsen-Bremen gegründet. Dieser ersetzt den bisherigen Landesverband Niedersachsen. Zum Vorsitzenden wurde Hinrich Rohbohm gewählt, zuvor Vorsitzender des Landesverbandes Niedersachsen. Rohbohm ist Redakteur der rechten Wochenzeitung „Junge Freiheit“. Zu stellvertretenden Landesvorsitzenden wurden Simon Beckmann und Till Warning gewählt. Neben dem Einsatz für ungeborenes Leben will der neugewählte Landesverband künftig eine verstärkte Aufklärungsarbeit über die Gefahren von Pubertätsblockern leisten. Die 1985 gegründeten CDL verfügen bundesweit über 5000 Mitglieder (hma).

hma-meldungen 14-2023

6. Juli 2023

Streit um die „Mahnwache gegen den Muezzinruf“ in Köln

Köln. Michael Stürzenberger, Vorstandsmitglied der „Bürgerbewegung Pax Europa“ (BPE) ist empört. Der ehemalige Vorsitzende der BPE, Günter Adolf Geuking, „verleumdet 25 aktive BPE-Mitglieder der Mahnwache gegen den Muezzinruf in Köln“. Diese hatten sich am 24.Juni auf dem Vorplatz des Kölner Hauptbahnhofs aufgebaut, um vier Stunden „über den totalitären Inhalt des Muezzinrufes und die gefährlichen Bestandteile des Politischen Islams“ aufzuklären, so Stürzenberger auf dem rechten Blog „Journalistenwatch“.
In einem Video hatte der ehemalige BPE-Vorsitzende Geuking die Aktion in Köln kommentiert. Er sei „von solchen Aktionen peinlich berührt“, äußerte Geuking dort. Ein „äußerst rechter provozierender und pöbelnder Mob“ habe da in Köln rumgehampelt. Dieser häbe in Köln eine „höchst peinliche, laute und wirklich Abscheu erregende lächerliche Störung“ inszeniert. „Hass, Hetze, Gewalt, rechte Pöbeleien und peinliche Entgleisungen haben in unserer BPE keinen Platz mehr“, betont Geuking in dem Video. Der ehemalige BPE-Vorsitzende sei auf seinem Youtube-Kanal sogar so weit gegangen, „Pegida, PI-NEWS und mich in die Rechtsextremismus-Nazi-Ecke zu stecken“, poltert Stürzenberger. „Von den abstrusen Kokain-Unterstellungen ganz zu schweigen“. Am 15.Juli soll von 10 bis 14 Uhr auf dem Kölner Bahnhofsvorplatz erneut diese rechte Provokation stattfinden. Diesmal – wie angekündigt – vielleicht auch mit Tonunterstützung (hma).

„Stiftungsfest“ in München

München. Die „Münchener Burschenschaft Arminia-Rhenania“ lädt am Samstag, den 8.Juli, zu seinem 175. Stiftungsfest ein. Unter dem Motto „175 Jahre demokratische Revolution – und heute? Was können wir von 1848 lernen?“ lädt die Burschenschaft ab 11 Uhr in den Orangeriesaal des Schlosses Nymphenburg. Es finden ein Akademischer Festakt und ein Symposium statt. Angekündigt werden Prof. Lothar Höbelt, Autor in der „Jungen Freiheit“ und der „Sezession“, Prof. Reinhard Kienberger, Dr. Alexander Grau, der wiederholt seine Bücher in der „Bibliothek des Konservatismus“ in Berlin vorstellte, und Roland Tichy. Beworben wird die Veranstaltung u.a. mit einer Anzeige in der „Jungen Freiheit“ (hma).

„Compact“-Konferenz in Magdeburg

Magdeburg. Am 4.November soll in Magdeburg die neunte „Souveränitätskonferenz“ des extrem rechten Magazins „Compact“ stattfinden. Die Konferenz unter dem Motto „Frieden mit Russland“ sei zugleich auch ein „Kriegsrat der Friedensbewegten“, heißt es in der Ankündigung der Veranstaltung. Als Referenten erwartet werden Natalja Narotchnitskaja, ehemalige Vorsitzende des außenpolitischen Ausschusses der Duma, Martin Sellner, Kopf der extrem rechten Identitären Bewegung, Petr Bystron, außenpolitischer Sprecher der AfD-Bundestagsfraktion und Wladimir Sergijenko, Schriftsteller, ehemaliger Vorsitzender des russischen PEN. Darüber hinaus angefragt ist der französische „Investigativjournalist“ Thierry Meyssan. Stattfinden soll die Veranstaltung von 11 bis 18 Uhr in der Halle „Halber 85“ in Magdeburg (hma).

‚Nie wieder Krieg und Nie wieder Faschismus‘ gehören zusammen

24. Juni 2023

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Am 17. Juni 2023 hat der Landesausschuss der VVN-BdA NRW mit großer Einigkeit folgendes beschlossen:

„Wir lehnen eine Zusammenarbeit mit dem Friedensbündnis NRW ab“.

Das ‚Friedensbündnis NRW‘ hat, an den klassischen Friedenskräften vorbei, eigene Aktivitäten entwickelt (z.B. Demos in Düsseldorf am 11. Februar bzw. am 25. März und 17. Juni). Besonders aus dem Raum Düsseldorf haben sich auch Mitglieder der VVN-BdA an diesen Demonstrationen beteiligt. Darauf angesprochen waren ihre Argumente: Die Aussagen des Bündnisses zu Frieden und Abrüstung seien völlig in Ordnung. Darüber hinaus dürften die Teilnehmenden nicht den Rechten überlassen werden.

Laut der Zeitschrift TERZ 06.23 setzt sich das Friedensbündnis NRW derzeit aus 19 Gruppierungen zusammen. Mit ihrer ‚AG Frieden‘ ist die Partei dieBasis Teil des Bündnisses. Mona Aranea, Pressesprecherin der Partei dieBasis fungiert als Sprecherin des Bündnisses. Welchen Charakter die Partei dieBasis hat, kann in der Antifa Ausgabe März/April 2023 | Seite 8 nachgelesen werden. Daraus ergibt sich für uns kein Zweifel, dass es sich um eine rechtsesoterische Partei (Antifa) handelt. Sie versucht das Thema Frieden zu besetzen und bedient sich dazu der Argumente der Friedensbewegung.

Wie ist es mit dem Potential zur Mobilisierung dieser rechtsesoterischen Kräfte bestellt?

Die Teilnehmenden an diesen Aktivitäten sind keineswegs Menschen, die den Rechten auf den Leim gegangen sind. Sie haben sich bewusst entschieden. Es scheint, dass einige VVN-Mitglieder durch Beteiligung an den Aktivtäten des Friedensbündnis NRW glauben, deren Potential auf die Seite der Friedenskräfte ziehen zu können. Es ist jedoch eher zu vermuten, dass die Teilnahme an diesen Aktivtäten sie sogar noch bestärkt und nicht zu einer Umorientierung nach links führt. Umfragen belegen, dass die AfD, wenn heute Wahlen wären, 18-20% Stimmen erzielen würde. Es kann nicht sein, den rechtsoffenen Kräften entgegenzukommen, indem ihnen sogar eine Plattform geboten wird, wie es zum diesjährigen Ostermarsch versucht wurde.

Völlig unverständlich ist es, warum VVN-Mitglieder gezielt Kontakt zu einer nach Rechts offenen Gruppe suchen. Dabei gehen sie sogar so weit, auf deren Veranstaltungen einen Redner zu stellen, wie am 25. März und am 17. Juni in Düsseldorf. Warum wird nicht die gleiche Energie aufgewendet, mit bedeutenden Akteuren ins Gespräch zu kommen? Das wirkliche Potential, mit dem den Kriegstreibern und Rechten entgegengetreten werden kann, haben bei uns vor allem die Gewerkschaften. Auch wenn es noch nicht um unsere Themen geht, beweisen die Streiks zum Beispiel im öffentlichen Dienst was möglich ist.

Wir verurteilen rechte und nach rechts offene „Friedens“-Aktionen und halten daran fest: Die Tür der Antifa- und Friedensbewegung nach Rechts bleibt geschlossen. Die VVN-BdA verurteilt alle Angriffskriege, die des Westens wie die Russlands. Sie ist überparteilich, lässt sich von keiner Partei vereinnahmen. Das hat sie im Umgang mit SPD, KPD und DKP gezeigt und sie betont es auch gegen Partei dieBasis. Letzteres auch wegen deren zweifelhaften Beziehungen gegenüber Rechts, Reichsbürger usw. Wer direkt oder indirekt bei AfD oder diebasis oder ähnlichen Kräften andockt, begibt sich auf den Weg in den Rassismus und Militarismus. Das beweist unter anderem das Militärpolitische Programm der AfD-Bundestagsfraktion.

‚Nie wieder Krieg und Nie wieder Faschismus‘ gehören zusammen. Mit Ultrarechten für den Frieden eintreten? – das geht nicht. Als Bündnisorganisation verurteilt die VVN-BdA alle Versuche, die Friedensbündnisse in Kampfabstimmungen zugunsten rechtsoffener Kräfte zu verwickeln. Bündnisse existieren im vertrauensvollen Konsens und nicht in Grabenkämpfen.“

Das DIZ muss erhalten bleiben!

24. Juni 2023

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Erklärung der VVN-BdA NRW

Der Landrat Marc-Andre Burgdorf (CDU) vom Kreis Emsland hat als Leiter der staatlichen Stiftung Gedenkstätte Esterwegen dem seit 1985 bestehenden Dokumentations- und Informationszentrum (DIZ) Emslandlager e.V. kurzfristig zum 15. Juni 2023 sein Büro gekündigt. Mit diesem bundesweit einmaligen Akt geht der Landrat mit aller Härte gegen das bürgerschaftlich getragene DIZ vor und gefährdet so bewusst seine Existenz. Die VVN-BdA NRW unterstützt den Aufruf zahlreicher Personen und Gruppen, der mit den Worten beginnt: „Wir sind zutiefst bestürzt über die kurzfristige und grundlose Kündigung des Büros des das Dokumentations- und Informationszentrums (DIZ).“ Siehe hier.

Wir fordern: Das DIZ muss erhalten bleiben;die Kündigung des Büroraums des DIZ in der Gedenkstätte ist zurückzunehmen, der Landrat muss von der Leitung der Stiftung Gedenkstätte Esterwegen zurücktreten.

Den Einfluss von Gedenkstätten zur Zeit von 1933-1945, vor allem das Wirken von zivilgesellschaftlicher Erinnerungsarbeit einzuschränken, ist eine alte Forderung der ultrarechten Kräfte. Der Neonaziführer der achtziger Jahre Michael Kühnen prägte den Satz: Der Weg zur Veränderung in unserem Sinne führt über die Vernichtung der Gedenkstätten. Der Neonaziführer von heute ist Björn Höcke (AfD), und der forderte: Wir brauchen die „erinnerungspolitische Wende um hundertachtzig Grad“. Dem dienen in vielen kommunalen Gremien die Versuche der AfD, die Gedenkarbeit zu behindern oder wenigstens unter staatliche Kontrolle zu bringen. Ein Schritt in diese Richtung soll nun im Emsland vollzogen werden.

Das DIZ ist vielen tausend Besuchern ein sehr einprägsames Erlebnis gewesen. Neunzig Jahre nach 1933 bleiben besonders die Exponate in Erinnerung, die auf die Tatsache hinweisen, dass bereits damals jeder wissen konnte, was Faschismus an der Macht bedeutete. So gibt es Belege, die zeigen, was seiner Zeit in der Lokalpresse stand: Die Tatsache der Existenz von KZ und die eindeutige Aussage, dass es Terror der Nazis gegen ihre Gegner gab.

Wir Antifaschistinnen und Antifaschisten aus NRW haben ein besonderes Verhältnis zum Emslandlager-Gedenken. Aus dem Gebiet des heutigen NRW kamen die meisten Opfer, kamen die Menschen, die das Lied „Die Moorsoldaten schufen, kamen die Eltern und Großeltern unserer VVN-Mitglieder. Viele der Inhaftierten und ihre Nachfahren gaben Dokumente, Bilder, Häftlingskleidung und Schnitzereien aus Mooreiche an das DIZ weiter. Sie haben die VVN aufgebaut und auch den Gedenkort im Emsland.
Wir wenden uns energisch gegen den Versuch des Landkreises Emsland, durch die Kündigung jede weitere Arbeit des DIZ gezielt zu verhindern. Wir nehmen nicht hin, dass mit der Kündigung das bürgerschaftliche Engagement des DIZ ausgeschaltet wird.

VVN-BdA Düsseldorf erinnerte an die Razzia in den Arbeiterquartieren in Unter-Gerresheim vor 90 Jahren

24. Juni 2023

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Am 07.05.2023 erinnerte die VVN-BdA Düsseldorf auf einem Gedenkgang mit dreißig Teilnehmer:innen an den Rachezug der Faschisten gegen die damalige KPD-Hochburg Unter-Gerresheim vor 90 Jahren.
Am 05.05.1933 wurden die Arbeiter:innen der Glashütte in Unter-Gerresheim in einer großangelegten Terroraktion überfallen. Im Morgengrauen wurden die Arbeiterquartiere abgeriegelt und 3.500 Männer der SA, der SS und des Stahlhelms, verstärkt durch Polizei, Feuerwehr und technischen Notdienst, trieben die Arbeiterfamilien auf die Straße und stellten systematisch jede Wohnung, Keller oder Dachboden, jeden Stall und jede Gartenlaube auf der Suche nach „verdächtigem“ Material auf den Kopf.
280 Männer wurden in das Heyebad, die damalige Badeanstalt für die „Hötter“ – die Arbeitersiedlungen der Glashütte hatten keine Bäder – abgeführt. Dort wurden die Antifaschisten geschlagen und misshandelt, bis sie in einem Schandzug – dem Gespött der Bevölkerung ausgesetzt – durch die Stadt in das Polizeipräsidium abgeführt wurden.
Gisela Blomberg verwies in einer Gedenkrede auf historische Zusammenhänge. Inge Trambowsky und Bärbel Stahl, beide „Kinder des Widerstands“, schilderten eindringlich die Lebensbedingungen der Gerresheimer Arbeiter und das Schicksal ihrer Angehörigen. Inge Trambowsky berichtete, wie furchtbar es war für Will Kutz, ihrem damals 17 Jahre alten Vater, dass nach seiner Festnahme die SA-Männer ihm eine Nummer auf die Wange schrieben und ihn bespuckten. Den Widerstand gegen das Hitler-Regime setzte Willy Kutz fort, bis er 1935 erneut verhaftet und zu einer Zuchthausstrafe verurteilt wurde. Bärbel Stahl berichtete von der Verurteilung ihres Onkels Paul Tibulski, Mitglied des Rotfront-Bundes, und 24 weiteren Angeklagten wegen des angeblichen Mordes an dem SA-Mann Hilmer im Jahre 1932. Dieser Prozess war 1932 noch eingestellt worden, wurde aber im Mai 1933 im Zusammenhang mit der Razzia erneut aufgerollt. Das Skandalurteil wurde auch nach der Befreiung nicht aufgehoben, Paul Tibulski wurde nie rehabilitiert.
Zur Würdigung des Gerresheimer Arbeiterwiderstand wurden an der 1986 unter führender Mitwirkung der Gerresheimer DKP am Heyebad errichteten Mahntafel „Zu Ehren der Opfer des Naziregimes“ Blumen niedergelegt.
Mit Flugblättern hatte die VVN-BdA in der nach der Schließung der Glashütte im Jahre 2005 privatisierten Arbeitersiedlung auf ihren Gedenkgang aufmerksam gemacht, nicht wenige der „neuen“ Einwohner:innen von Gerresheim erfuhren zum ersten Mal von der großen Geschichte ihres Stadtteils. Wie auch bei unseren anderen Rundgängen wurde deutlich, wie wichtig unsere antifaschistische „Straßengeschichte“ ist, zumal die bürgerlichen Medien meistens darüber hinwegsehen.

Klaus Winkes

hma-meldungen 13-2023

23. Juni 2023

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Elsässer auf Vortragsreise

Leverkusen/Saarbrücken. Der Chefredakteur des extrem rechten Magazins “Compact”, Jürgen Elsässer, geht auf Vortragsreise. Unter dem Motto „Ami go home! Mein Leben für die Souveränität Deutschlands und für den Frieden“ will Elsässer am 30.Juni in Leverkusen und am 1.Juli in Saarbrücken auftreten. Jeweils um 19 Uhr wolle er die aktuelle Lage behandeln und aus seiner Biografie „Ich bin ein Deutscher. Wie ein Linker zum Patrioten wurde“ lesen. Sein „Kampf gegen den USA-Imperialismus“ habe nämlich nicht erst heute begonnen, sondern schon vor 50 Jahren, so Elsässer auf seiner Internetseite. Die genauen Veranstaltungsorte erfahre man nach der Anmeldung (hma).



Heß-Demo in Kaiserslautern

Kaiserslautern. Die Partei „Die Rechte“ und die „Kameradschaft Rheinhessen“ wollen am 19.August in Kaiserslautern aufmarschieren. Die Demonstration soll unter dem Motto „Mord verjährt nicht – Gebt die Akte frei!“ stattfinden und fordert die „Aufklärung des mysteriösen Tods des letzten Manns von Spandau Rudolf Heß“, wie es in der Bewerbung heißt. Beginnen soll die Demonstration um 15 Uhr am Bahnhof in Kaiserlautern (hma).

Kontrafunk-Jubiläum in Friedrichshafen

Friedrichshafen/Bodensee. Das rechte Internetradio Kontrafunk feiert am Samstag, den 1.Juli, seinen Geburtstag. Die Geburtstagsfeier soll von 18 bis 21 Uhr im Kongresszentrum Graf-Zeppelin-Haus in Friedrichshafen stattfinden. Angekündigt wird ein umfangreiches Geburtstags-Programm. So stellt der Publizist und „Junge Freiheit“-Autor Matthias Matussek seinen neuen Kontrafunk-Roman vor. In der „Sonntagsrunde“ diskutieren der „Tumult“-Autor Prof. Peter J. Brenner, Dr. Matthias Burchardt und Markus Vahlefeld mit dem „Junge Freiheit“-Interviewpartner und Kontrafunk-Gründer Burkhard Müller-Ullrich über die Ereignisse der Woche. Es folgt ein Kulturprogramm mit Musik und Kabarett. Beworben wird die Veranstaltung u.a. mit einer Anzeige im rechten Wochenblatt „Junge Freiheit“ (hma).

Für Verschmelzung gestimmt

Bremen. In Bremen haben 94 Prozent der Teilnehmenden einer Urabstimmung dafür gestimmt, dass die Wählergemeinschaft „Bürger in Wut“ (BiW) mit dem im vergangenen Jahr gegründeten „Bündnis Deutschland“ fusionieren soll. Bei der letzten Bürgerschaftswahl in Bremen hatte „Bürger in Wut“ – bei Nichtantritt der AfD zur Wahl – 9,4 Prozent erhalten und ist damit erstmals in Fraktionsstärke dort vertreten. Als „Bündnis Deutschland“ werde man sichtbar und hörbar in der Bürgerschaft sein, verkündete BiW-Gründer Jan Timke. Die neue Partei plant ihren Antritt zur Europawahl im kommenden Jahr (hma).

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Erinnerung am 8. Mai in Herten

21. Juni 2023

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Viele Hertener nahmen an der Gedenkveranstaltung auf Schlägel und Eisen zum Tag der Befreiung teil. In Herten war der 2. Weltkrieg schon vor dem 8. Mai zu Ende. Es ist keine Massenveranstaltung.

Etwa 50 Hertener kamen am Montagabend (8.5.) an der Stele auf Schlägel und Eisen zusammen, die an die Zwangsarbeiter erinnert. Eine „Herzensangelegenheit“ ist die Veranstaltung für Renate Tellgmann, wie sie erzählt. Die pensionierte Lehrerin engagiert sich in Herten gegen Rassismus und für eine Erinnerungskultur. Mittlerweile gebe es Generationen, die von der damaligen Zeit „gar nichts mitbekommen haben“, sagt die Ex-Lehrerin der Rosa-Parks-Schule.

Gözde Gümüssoy ist erst 24 Jahre alt, und sie hat viel mitbekommen. Sie war Renate Tellgmanns Schülerin und ist ebenfalls bei der Gedenkveran-staltung dabei. Die 24-Jährige hat bereits zusammen mit Renate Tellg-mann an Projekten gegen Rassismus gearbeitet. Beide Frauen sind der Meinung, dass der 8. Mai ein Feiertag sein sollte. Genau das war auch ein Thema der Gedenkveranstaltung: eine Petition der verstorbenen KZ-Überlebenden Esther Bejarano, in der sie einen Feiertag am 8. Mai fordert, war Teil des Programms.

Neben dem Verlesen der Petition gab es Redebeiträge: Jürgen Grunwald, stellvertretender Bürgermeister (SPD), hob das Einstehen für Frieden und Demokratie hervor. Thomas Prinz, Vorsitzender des DGB Herten, forderte ebenfalls einen bundesweit anerkannten Feiertag „in Anbetracht der Gräueltaten“ des NS-Regimes – genauso wie der Antifaschist Gerd Lange in seiner Rede. Dr. Babette Nieder las ein Gedicht der ermordeten Widerstandskämpferin Marianne Cohn vor, Barbara Keimer den Text von Esther Bejarano. Gemeinsam mit dem Musiker Zeppe sangen die Teilnehmer Lieder, an der Stele legten sie Rosen zum Gedenken ab.

Diese Historie der letzten Kriegstage hat die Stadt Herten in einem Buch zusammengefasst. Das Buch gehört zu einer Ausstellung zum 8. Mai, die 1985 in der Stadt stattfand. Damals, genau 40 Jahre nach Kriegsende, begingen Hertener den Jahrestag der Deutschen Kapitulation zum ersten Mal feierlich. Als Gäste dabei war eine Abordnung aus der französischen Partnerstadt Arras. Die Hertener Ortsgruppe des DGB und die Vereinigung der Verfolgten des Nazi-Regimes (VVN-BdA RE) hatten diesmal zum Gedenken am bundesweiten Tag der Befreiung – am 8. Mai 1945 kapitulierte die Wehrmacht – eingeladen.

Quelle: Jonas Alder, Hertener Allgemeine

30 Jahre Brandanschlag in Solingen

21. Juni 2023

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Rede von Alice Czyborra

Foto: Manuele Hilleskamp – r-mediabase

Ich spreche für die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten. Für mich persönlich ist es ein sehr bewegender Moment, in Solingen zu sprechen.

Der 29. Mai 1993 hat sich mir eingebrannt wie so vielen Menschen. Es war Samstag. Morgens im Radio hörten wir von dem fürchterlichen Brandanschlag auf das Haus der türkischen Familie Genc. Mit Freunden fuhren wir sofort nach Solingen. Wir trafen in der Unteren Wernerstraße auf hunderte Menschen. Sie standen schweigend vor den Überresten des Hauses, aufgewühlt durch das, was in der Nacht der Familie Genc angetan wurde. Und auch das vergesse ich nicht. Aus der schweigenden Menge heraus hob jemand ein Schild: Ich weiß nicht mehr genau die Worte, so ähnlich stand: Das Asylrecht wird abgeschafft und dann brennen Menschen.

Dem Brandanschlag in Solingen vorausgegangen war Hoyerswerda. „Deutschlands erste ausländerfreie Stadt“ triumphierten die Neonazis, nachdem sie die Geflüchteten mit Brandflaschen und Steinen vertrieben hatten. Ihre Vorgänger nannten es „judenfrei“. Da war Rostock-Lichtenhagen. Verwaltung und Politik ließen Asylsuchenden vor dem Sonnenblumenhaus kampieren. Das Boot ist voll wurde dabei demonstriert. In der Bundesrepublik herrschte ein Klima der Hetze, der Ausländerfeindlichkeit, angeheizt von der Politik und den Medien mit Schlagworten wie „durchrasst“, Asylantenschwemme“, „Schmarotzer“. Damit wurde die Aufhebung des Artikels 16 vorbereitet.

In dieser Zeit hielt mein Vater, Peter Gingold, als Jude und Kommunist von den Nazis verfolgt, eine Rede, aus der ich zitieren möchte:

„Auch ich gehöre zu den über 800.000 Deutschen, die in der Nazizeit durch ihre Flucht ins Ausland den Mördern entgingen. In fremden Ländern haben wir Asyl und solidarische Hilfe gefunden, wie ich mit meiner Familie in Frankreich. Aus unserer Asylerfahrung haben die aus dem Exil Zurückgekehrten, leidenschaftlich darum gekämpft, dass das Grundrecht auf Asyl, der Artikel 16, als unverzichtbares elementarstes Menschenrecht, für immer und ewig verankert wird.

Der Artikel 16 ist eine Dankesschuld an die Völker, die so vielen deutschen Flüchtlingen das Leben retteten. Der Artikel 16 gilt als Zeichen eines humanen Deutschlands, in dem alle Menschen, gleich welcher Herkunft, gleichberechtigt leben, ein Deutschland, das mithilft, die Ursachen in der Welt zu beseitigen, die Menschen zu Flüchtlingen machen.“
Soweit Peter Gingold Ende 1992 /Anfang 1993.

Damals war es nicht vorhersehbar, wie sehr sich 30 Jahre danach die Fluchtursachen noch massiver verschärfen würden. Noch nie seit dem 2. Weltkrieg sind gegenwärtig so viele Menschen auf der Flucht, vor Krieg, vor Verfolgung, vor Hungerkatastrophen, vor den Folgen der Klimakrise, vor dem Elend und der Perspektivlosigkeit. Und wir erleben heute eine ähnliche Debatte wie vor 30 Jahren: Das Ziel: vollkommene Abschottung der Grenzen Europas, gefängnisähnliche Grenzlager außerhalb Europas und erbarmungslose Abschiebungen.

Die Familie Genc gehörte zu den Zuwanderern die schon lange in Deutschland lebten. Die Familie Genc hatte hier ihre neue Heimat gefunden wie auch viele Migranten, deren Kinder und Kindeskinder in unserem Land geboren wurden.
Doch nach wie vor sehen sich die Menschen, die in zweiter, dritter und vierter Generation leben, als nicht gleichberechtigt, als Menschen zweiter Klasse. Sie sehen sich alltäglichen Beleidigungen, Diskriminierungen, Bedrohungen und sogar tätlichen Angriffen konfrontiert.

Nach den schrecklichen Brandanschlägen in Mölln, in Solingen vor 30 Jahren folgten die entsetzlichen Taten der NSU. Jahrelang konnten die Nazis Uwe Mundlos und Uwe Bohnhard mordend durchs Land ziehen, willkürlich Bürger türkischer und griechischer Herkunft töten. Die Fahnder suchten die Täter innerhalb der Familien und dem Umfeld. Bis heute wurde nicht aufgeklärt, wer die NSU vor Ort unterstützte und welche Rolle der Verfassungsschutz spielte. In Hanau trauern Familien um ihre Angehörigen. Neun junge Menschen mit migrantischen Wurzeln wurden vor drei Jahren von einem Nazi meuchlings erschossen. Nicht zu vergessen, dass nur die Tür der Synagoge in Halle jüdische Menschen vor einem Massaker schützte, aber zwei Menschen durch den Attentäter, den Rassisten und Antisemiten ermordet wurden. Über 200 Morde seit 1990 wurden aus rassistischen und rechtsradikalen Motiven verübt.

An der besonders in den letzten Jahren zunehmenden muslimfeindlichen Atmosphäre tragen auch Politiker und Institutionen eine Verantwortung, indem sie innerhalb der Bevölkerung Ängste schüren vor angeblich wachsender Ausländerkriminalität, die unsere Sicherheit bedrohe. Anlasslos hatte beispielsweise NRW-Innenminister Reul bei uns in Essen Razzien gegen Clankriminalität medial inszeniert, eine Diskriminierung aller Geschäftsinhaber türkischer und arabischer Herkunft. Sie werden bei einem solchem Vorgehen unter Generalverdacht gestellt. Gerade in diesen Tagen wurde die Dozentin Bahar Aslan von der Polizeihochschule Gelsenkirchen entlassen, weil sie rassistische Strukturen innerhalb der Polizei anprangerte. Diese Vorkommnisse gießen Öl ins Feuer der AfD, tragen zu ihren Wahlerfolgen bei, ermuntern neonazistische Parteien und Organisationen in ihrem rassistischen, verbrecherischen Handeln.

In unserem Land, von dem die größten Verbrechen der Menschheit in der jüngsten Geschichte ausgingen, in dem Millionen Menschen, nur weil sie Jüdinnen und Juden, Sinti und Roma waren, industriemäßig vernichtet wurden, ausgemerzt wie Ungeziefer, da müsste es bei dem kleinsten Anzeichen von Rassismus, Antisemitismus und Menschenfeindlichkeit die Alarmglocken klingen. Es müsste im ganzen Land einen Aufschrei geben. Wie ist es möglich, dass in einem Land mit dieser unsäglichen Geschichte die AfD einen solchen Auftrieb erfährt?

Doch es macht Mut, dass sich an vielen Orten ein breiter Widerstand gegen die zunehmende Rechtsentwicklung formiert.

Es sind die zahlreichen beeindruckenden Initiativen in Solingen, die in vielfältiger Art und Weise alles tun, damit der Brandanschlag auf das Haus der Familie Genc im Gedächtnis verankert bleibt, das macht Mut.

Wir, die wir heute zusammengekommen sind, um an den fürchterlichen Brandanschlag vor 30 Jahren in dieser Stadt zu erinnern, verstehen das Gedenken an die Opfer dieses Verbrechens als Mahnung und als Auftrag, so etwas nie wieder geschehen zu lassen.

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