Erinnerung an die Opfer des Holocaust an Sinti und Roma

12. September 2022

, ,

Der 78. Jahrestag des 2. August 1944, das Gedenken an Sinti und Roma zusammen mit dem Bündnis Dortmund gegen Rechts und dem Landesverband der nordrhein-westfälischen Sinti und Roma in Dortmund hinterließ bei allen, die dabei waren, tiefe Eindrücke. Es wurde sowohl an die halbe Million Menschen, die als deutsche Sinti und Roma von den Nazis umgebracht wurden, erinnert als auch an jene aus anderen Ländern. Roman Franz vom Verband deutscher Sinti und Roma in NRW erinnerte daran: In der Nacht vom 2. auf den 3. August 1944 wurden die letzten noch in Auschwitz-Birkenau lebenden 4300 Sinti und Roma mit Hunden und Flammenwerfern in die Gaskammern getrieben. Niemand von ihnen überlebte diese Nacht in Auschwitz.

Die Brücke wurde auch zum Heute geschlagen. Die Verweigerung der Aufnahme von Sinti und Roma als Flüchtlinge aus der Ukraine sei eine Schande, betont Roman Franz. Noch immer wagten es sich Roma und Sinti in Deutschland oft nicht, sich zu outen. Sogar Charlie Chaplin und Pablo Picasso verbargen ihre Zugehörigkeit zu den Sinti und Roma. Faktenreich und erschütternd waren die Ausführungen von Helmut Manz (VVN-BdA).

Rom heißt Mensch
Rede von Helmut Manz Holocaust-Gedenktag für die ermordeten Sinti und Roma am 2. August 2022 in Dortmund
Heute ist der europäische Holocaust-Gedenktag für die ermordeten Sinti und Roma. Das Datum erinnert an die Vernichtung des sogenannten „Zigeunerlagers“ in Auschwitz-Birkenau am 2. August 1944. Unter den an diesem 2. August Ermordeten waren vielleicht auch einige der Sinti und Roma, die am 9. März 1943 von hier – von Dortmund – nach Auschwitz deportiert worden waren. Wir wissen es nicht. Außer diesem Stein hier erinnert nichts mehr an sie.
Der Stein ist ein Gedenkstein zum „ehrenvollen Gedenken an die Ermordeten“. Bis heute ist er auch ein Stein des Anstoßes, auf dessen Tafel auch geschrieben steht: „… den Lebenden zur Mahnung, stets rechtzeitig der Unmenschlichkeit entgegenzutreten.“
Die Mahnung ist aktueller als uns recht sein kann. Denn der Antiziganismus ist nach wie vor tief verankert. Und er ist nicht annähernd so geächtet wie der Antisemitismus. Der faschistische Völkermord an den Sinti und Roma ist im kollektiven Gedächtnis kaum präsent. Sein Name, das Romanes-Wort Porajmos, – auf Deutsch: „das Verschlingen“ – ist im Land der Täter nur sehr wenigen ein Begriff.
An historischem Wissen fehlt es nicht. Am 16. März 1997 hat der damalige Bundespräsident Herzog den heutigen Forschungsstand in die klaren Worte gefasst: „Der Völkermord an den Sinti und Roma ist mit dem gleichen Motiv des Rassenwahns, mit dem gleichen Vorsatz, mit dem gleichen Willen zur planmäßigen und endgültigen Vernichtung durchgeführt worden wie der an den Juden.“
Für die allermeisten Überlebenden kamen diese deutlichen Worte des Bundespräsidenten zu spät. Sie wurden auch nach 1945 als „Asoziale“ und „Kriminelle“ stigmatisiert und schikaniert. Von „Wiedergutmachung“ kann keine Rede sein. Noch 1956 rechtfertigte der Bundesgerichtshof den Naziterror vor 1943, weil er angeblich noch nicht rassistisch motiviert, sondern von den – Zitat – „Zigeunern“ selbst durch „eigene Asozialität, Kriminalität und Wandertrieb“ veranlasst gewesen sei. In unerträglichem Herrenmenschenton wurde den Opfern höchstrichterlich bescheinigt, dass ihnen „vielfach die sittlichen Antriebe der Achtung vor fremdem Eigentum“ fehlten, „weil ihnen wie primitiven Urmenschen ein ungehemmter Okkupationstrieb eigen“ sei.
Für die Überlebenden war der Rechtsnachfolger des Mörderstaates alles andere als ein Rechtsstaat. Ihre Behandlung durch die bundesdeutschen Behörden ist zutiefst beschämend. Der von dem jüdischen Überlebenden Ralph Giordano geprägte Begriff der zweiten Schuld trifft ohne Wenn und Aber auch auf das Unrecht zu, das den Sinti und Roma nach 1945 angetan wurde.
Heute – in unserer Gegenwart – darf die NPD ungehindert plakatieren: „Geld für die Oma statt für Sinti und Roma!“ Das Verwaltungsgericht München kann keine Volksverhetzung erkennen. Die Verdrängung der Vergangenheit bereitet den Boden für neue Unmenschlichkeit. Immer noch und schon wieder. Nicht einmal dieser Gedenkort für die Toten hier ist vor antiziganistischen Anschlägen sicher!
Die verdrängte Vergangenheit vergeht nicht. Erst die Erinnerung an die historische Schuld eröffnet die befreiende Perspektive einer anderen menschlichen Zukunft. Das ehrenvolle Gedenken an die Ermordeten und die Mahnung an die Lebenden sind zwei Seiten einer Medaille. Der Medaille der Menschlichkeit.
Das ehrenvolle Gedenken an die Ermordeten erfordert nicht mehr als den Mut zur historischen Wahrheit. Die Ermordung der Sinti und Roma war rassistischer Massenmord. Das individuelle Verhalten oder die tradierte Lebensweise der Opfer dienten allenfalls als Vorwand. Sie wurden ohne Ansehung der Person enteignet, entwürdigt und ihres Lebens beraubt. Sie waren Opfer rassistischer Verfolgung. Opfer faschistischen Rassenwahns.
Ob und inwiefern es sich bei den Sinti und Roma tatsächlich um so etwas wie eine Rasse handelt, ist in diesem Zusammenhang völlig unerheblich. Die Mörder hatten die Definitionsmacht. Bei der jüdischen Bevölkerung ließ sich die angebliche Rasse an der Religionszugehörigkeit der Großeltern festmachen. Bei den sogenannten „Zigeunern“ war die Erfassung nicht so einfach. Es brauchte Experten – sogenannte „Ziganologen“ – die durch rassistische Untersuchungen wie Schädelmessungen eine wissenschaftlich verbrämte Datenbasis für den Völkermord bereitstellten.
Die Bestimmung der Rasse schrieb mit der vermeintlichen Herkunft zugleich die Zukunft fest – im Rahmen eines rassistischen Menschenzuchtprogramms der „Aufartung durch Ausmerzung“. Williger Vollstrecker war eine menschenverachtende Medizin, die die „rassenhygienische“ Ermordung ganzer Bevölkerungsgruppen als „Heilung“ eines imaginären „Volkskörpers“ verklärte. Für die als asoziale und kriminelle Rasse stigmatisierten „Zigeuner“ bedeutete diese perverse Heilung das Todesurteil. Die Vernichtung durch Arbeit, Erschießungskommandos und Gaskammern.
„Im Dritten Reich hungert und friert niemand. Wer es dennoch tut, kommt ins KZ.“ Dieser Flüsterwitz aus den faschistischen Vorkriegsjahren enthüllt die ungeheure soziale Kälte der sogenannten „Volksgemeinschaft“. Die angebliche Armutsbekämpfung war in Wahrheit brutalste Armenbekämpfung. Besonders hart betroffen war die angeblich asoziale Rasse der sogenannten „Zigeuner“. Alle gegen die jüdische Bevölkerung gerichteten Diskriminierungsmaßnahmen wurden ausdrücklich oder automatisch auch auf sie übertragen. So waren beispielsweise Liebesbeziehungen zu sogenannten „Ariern“ lebensgefährliche „Rassenschande“.
Am 8. Dezember 1938 stellte Himmler in einem Runderlass eine „Regelung der Zigeunerfrage aus dem Wesen dieser Rasse“ in Aussicht. In diesem Erlass ist auch schon ausdrücklich von der „endgültigen Lösung der Zigeunerfrage“ die Rede. Während des zweiten Weltkriegs wurde auch diese „Endlösung“ immer hemmungsloser in die Tat umgesetzt. Mit dem Überfall auf die Sowjetunion wurden die Roma wie Freiwild von den Einsatzgruppen gejagt und vom Kleinkind bis zur Greisin ermordet. Der berüchtigte Kommissarbefehl war der Freibrief für die Völkermordroutine. Himmlers Auschwitz-Erlass vom 16. Dezember 1942 markiert eine Etappe – nicht den Beginn – des Porajmos. Nach allem, was wir heute über den Vernichtungskrieg der Wehrmacht im Osten und auf dem Balkan wissen, dürfte die vom Zentralrat der Sinti und Roma angenommene Zahl von insgesamt 500 000 Opfern wohl kaum übertrieben sein.
Heute gedenken wir aller Opfer des Porajmos, wenn wir uns an die Nacht der Unmenschlichkeit erinnern, die am 2. August 1944 über die Häftlinge des sogenannten „Zigeunerlagers“ in Auschwitz hereinbrach. Von ihnen hat niemand die Sonne des 3. August gesehen. Aber es gibt die erschütternde Erinnerung einer Überlebenden aus einem Nachbarlager:
„Es war schon fast dunkler Abend. Auf einmal wurde es hell wie am Tag und gleichzeitig ertönte ein schrecklicher Lärm. SS-Männer sind gekommen und haben die Menschen mit Flammenwerfern aus den Baracken im Lager B II e getrieben. Es waren sehr viele Kinder dabei gewesen. Das kleinste Geschöpf Gottes weiß, wenn es um sein Leben geht. Die Menschen wussten, dass sie in das Gas getrieben werden. Sie widerstanden mit Steinen, mit Stöcken, mit Gegenständen, die ihnen in die Hände fielen, wobei sie schrien, fluchten, brüllten und beteten. Die SS hetzte die laut bellenden Hunde auf die Menschen, sie griffen die Menschen an, die Verzweiflung war groß, der Lärm war schrecklich, die Kinder weinten nach den Müttern, die Mütter versuchten die Kinder zu beruhigen. In Birkenau wusste jeder, auch noch so jung, was der Tod bedeutet und das kleinste Kind wusste, was es bedeutet, wenn man mit Flammenwerfern in das Gas getrieben wird. Es gab keine Kinder im Zigeunerlager. Dort waren sie schon mit 5 Jahren Erwachsene, die wussten, dass sie dem Tod nicht entkommen können: So oder so werden sie ermordet.
Wir im Lager waren erstarrt vor Angst. Auch bleibt man nicht gleichgültig, wenn 4300 Menschen im Nachbarlager mit so drastischen Methoden, mit offenem Feuer aus Flammenwerfern in den Tod getrieben werden. So unerwartet, wie diese Aktion begonnen hatte, so unerwartet ist auf einmal Ruhe eingekehrt. Und das konnte man auch kaum aushalten.“
Kann die Nacht der Unmenschlichkeit jemals vorbei sein? Ich kann diese Frage nur mit einer alten jüdischen Erzählung beantworten.
Ein Rabbi fragte seine Schüler: „Wie erkennt man, dass die Nacht zu Ende geht und der Tag beginnt?“
Die Schüler fragten: „Ist es vielleicht dann, wenn man einen Hund von einem Kalb unterscheiden kann?“ „Nein“, sagte der Rabbi.
„Ist es dann, wenn man einen Feigenbaum von einem Mandelbaum unterscheiden kann?“ „Nein“, sagte der Rabbi.
„Wann ist es dann?“, fragten die Schüler.
„Es ist dann“, sagte der Rabbi, „wenn du in das Gesicht irgendeines Menschen blicken kannst und deine Schwester und deinen Bruder siehst.“
Rom heißt Mensch. Einfach nur Mensch – ohne Habe, ohne Lobby, ohne Staat. Die Achtung der Sinti und Roma war und ist der Prüfstein der Menschlichkeit.

hma-meldungen 18-2022

3. September 2022

Lokalschließung war rechtens

Köln/Münster. Die Schließung eines Lokals in Köln vor zwei Jahren war rechtens. So urteilte jüngst das Oberverwaltungsgericht Münster. Die Inhaberin des Lokals wollte dieses ohne eine gaststättenrechtliche Erlaubnis führen und den Zutritt nur Staatsangehörigen und Zugehörigen des „Königreichs Deutschland“ erlauben. Corona-Hygienevorschriften seien mit dem Argument nicht eingehalten worden, dass neben dem Recht des „Königsreiches“ keine weiteren Rechte und Pflichten einzuhalten seien. Das Ordnungsamt hatte daraufhin das „Vereinslokal“ für die Reichsbürger-Szene ohne vorherige schriftliche Anordnung geschlossen und versiegelt. Dagegen hatte die Gastwirtin geklagt. Das Gericht stellte fest, dass das „Königreich Deutschland“ keine eigene Rechtsordnung schaffen könne. Ein Betrieb als „Vereinsheim“ sei nicht möglich, da das „Königreich Deutschland“ kein Verein sei. Die Stadt Köln hätte allerdings die erweiterte Gewerbeuntersagung und weitere Zwangsmittelandrohungen nicht ohne eine vorherige Verwaltungsentscheidung vollziehen dürfen, so das Gericht (hma).

hma-meldungen 18-2022 weiterlesen »

hma-meldungen 17-2022

3. September 2022

                                                                                                                                      

„Netzwerktag“ in Eisenach

Eisenach. Das NPD-Organ „Deutsche Stimme“ beabsichtigt, am 10.September in Eisenach einen ersten „Netzwerktag“ durchzuführen. Man wolle heraufinden, „wie groß die gemeinsamen Schnittmengen im heimattreuen Spektrum sind, welche Möglichkeiten zur Zusammenarbeit es gibt, aber auch, wo sich die Auffassungen voneinander unterscheiden“. So könne es gelingen, „ein Netz zu knüpfen, das uns trägt und aus unserer Ohnmacht gegenüber den Herrschenden, die uns nichts Gutes wollen, zu befreien“. Als Teilnehmer der geplanten Diskussionsveranstaltungen und Projektvorstellungen werden angekündigt: Sascha Krolzig (Sturmzeichen-Verlag, „Die Rechte“), die Rechtsanwältin Nicole Schneiders, der „Volksanwalt“ Dubravko Mandic (ehemals AfD), Jens Woitas, ehemaliges Mitglied von „Die Linke“ und Autor des Buches „Revolutionärer Populismus“, NPD-Chef Frank Franz, Michael Dangel (Wir Heilbronn, Projekt Pluriversum), Arne Schimmer (ehemaliger NPD-Landtagsabgeordneter), Thomas Sattelberg („Haus Montag“ Pirna), der „politische Aktivist“ Michael Brück, Dennis Augustin („Heimat und Identität“, ehemals AfD) und Peter Töpfer („Institut für Tiefenwahrheit“). Die Liste der Teilnehmer werde laufend erweitert, heißt es in der Bewerbung dieser Veranstaltung (hma).

hma-meldungen 17-2022 weiterlesen »

„Friedenslogik muss das Leitmotiv sein.“

16. August 2022

, , ,

Rede von Jochen Vogler zum Hiroshima-Tag in Wuppertal am 6. August 2022.

Archivbild: Jochen Vogler beim Ostermarsch Wuppertal am 20.04.2019.

Kleiner Junge und dicker Mann – little boy und fat man – so wurden die Atombomben benannt, die die Städte Hiroshima und Nagasaki ausgeklinkt aus einer Höhe von 10 000 Metern binnen Sekunden auslöschten. Über 100 000 Menschen starben sofort. Das war heute vor 77 Jahren in Hiroshima und drei Tage später in Nagasaki. Das war eine wirkliche Zeitenwende. Seitdem gehören Atomwaffen zum gegenseitigen militärischen Macht- und Abschreckungsarsenal.

Schon seit den ersten Planungen zur westdeutschen Wiederaufrüstung in den 1950er Jahren war es das Bestreben der damaligen Regierung unter Konrad Adenauer, auch Zugriff auf Atomwaffen zu haben. Geprägt wurde der Begriff der „taktischen Atomwaffen“, die nach den Worten Adenauers „nichts weiter als die Weiterentwicklung der Artillerie“ seien. Trotz des erfahrenen Wissens um die Wirkung der Atombomben erinnern wir uns noch an ähnliche Verharmlosungsstrategien zur Beruhigung der Bevölkerung. Mit der Aktentasche über den Kopf und ABC-Masken sollte den Strahlungen begegnet werden.

Auch in der aktuellen militärischen Rüstungspropaganda werden sogenannte Mini-Atomwaffen als Einsatzmöglichkeiten dargestellt. Bis heute bedrohen uns rund 28.000 Atomwaffen im Besitz der neun Atomwaffenstaaten (USA, Russland, China, Großbritannien, Frankreich, Israel, Indien, Nordkorea und Pakistan).

Im Laufe der Jahrzehnte gab es dann vernünftige politische Initiativen, um den Einsatz von Atomwaffen zu verhindern. Vor allem internationale Vereinbarungen zwischen den USA und der Sowjetunion mit den Vertragsnamen ABM-Vertrag, INF-Vertrag und seit den 1990er Jahren fortgesetzte START-Verträge zur Rüstungskontrolle verhinderten bisher den Einsatz von Atomwaffen. Beunruhigen muss, dass seitens der USA alle Verträge gekündigt wurden.

Aktuell findet bei den Vereinten Nationen die 10. Überprüfungskonferenz des 1970 unterzeichneten Nichtverbreitungsvertrags für Atomwaffen (NVV) statt. UN-Generalsekretär António Guterres  erklärte dazu in dramatischen Worten, dass die Welt sich in einer „Zeit nuklearer Gefahr befinde, wie es sie seit dem Höhepunkt des Kalten Krieges nicht mehr gegeben hat“. Die Menschheit laufe „Gefahr, die Lehren zu vergessen, die in den schrecklichen Feuern von Hiroshima und Nagasaki geschmiedet wurden“. Die Welt sei „nur ein Missverständnis oder eine Fehlkalkulation von der nuklearen Vernichtung entfernt“. Diese Konferenz dauert noch bis zum 26. August. Ob diese Konferenz Fortschritte bringen kann im Hinblick auf verbindliche Abrüstungsvereinbarungen ist ungewiss.

In ihrer Rede vor den Vereinten Nationen betonte die deutsche Außenministerin die hehre Absicht der Bundesregierung, aktiv daran mitzuwirken. Aber sie sagte auch: „Der brutale Angriffskrieg Russlands macht deutlich, dass Nuklearwaffen leider eine bittere Realität sind.“ Und erklärte: „Der Einsatz für nukleare Nichtverbreitung und nukleare Abschreckung sind in diesen Zeiten kein Widerspruch.“

Damit wird die Politik der nuklearen Teilhabe der Bundesregierung bekräftigt.

Dass Russlands Präsident Wladimir Putin in einem Grußwort an die NVV-Konferenz ausführte: „Wir gehen davon aus, dass es in einem Atomkrieg keine Sieger geben kann und er niemals begonnen werden darf,“ und Russland seine Verpflichtungen als NVV-Gründungsmitglied erfüllen werde, wird derzeit von der westlichen Wertegemeinschaft als unglaubwürdige Rhetorik ignoriert und zurückgewiesen.

Der Krieg zwischen Russland und der Ukraine muss so schnell wie möglich beendet werden. Dies gelingt aber keinesfalls mit der fortgesetzten Sanktionspolitik gegenüber Russland. Die Entwicklung zeigt, Russland ist dadurch nicht zu „ruinieren“ , wie es unsere Außenministerin durchsetzen will. Und mit den weiteren Lieferungen schwerer Waffen an die Ukraine lässt sich dieser Krieg auch nicht beenden. Das kann nur gelingen mit Verhandlungen. Zur Entwicklung tragfähiger Verhandlungsformate fehlt der deutschen Regierung allerdings jegliche Phantasie und auch jeglicher Wille.

Immer spürbarer wird jetzt, dass die ausufernde Sanktionspolitik schädliche Rückwirkungen für die deutsche Wirtschaft und Gesellschaft hat. Der Weg aus dieser Sackgasse geht nur im Rückwärtsgang. In der Welt haben sich inzwischen zahlreiche Krisen angesammelt. Um diese Welt bewohnbar zu erhalten, sind politische Anstrengungen jenseits von Profit- und Kriegslogik erforderlich. Friedenslogik muss das Leitmotiv sein.

Endlich zu einem Waffenstillstand kommen und zu einem Kompromiss – Sanktionen schaden unserem Land

5. August 2022

,

Jeder Woche mittwochs finden Friedenskundgebung der Dortmunder Friedensbewegung statt. So auch in anderen Städten. Als Beispiele für die dort geäußerten Argumente veröffentlichen wir die folgenden Texte vom 27. Juli 2022 in Dortmund.

Nein zum Krieg!
Erklärung des Dortmunder Friedensforums

Schon im vergangenen Jahr bewirkte die Inflation eine empfindliche Erhöhung der Lebenshaltungskosten. Die Kriegspolitik unserer Regierung wird diesen Anstieg massiv verstärken. Zudem zeichnet sich eine wirtschaftliche Rezension ab. Dadurch ist mit einer straken Zunahme der Arbeitslosigkeit zu rechnen. Im bevorstehenden Winter droht vielen Haushalten die Alternative: Frieren oder Einsparungen bei Lebensmitteln.

Hauptursache für dieses Desaster: Der Wirtschaftskrieg gegen Russland. Man will dieses rieige Land ruinieren, wie Frau Baerbock es ausdrückte. Aber nach dem Urteil vieler Experten ruiniert man damit vor allem die eigene Wirtschaft. Oskar Lafontaine sagte, die Regierung habe „offensichtlich auf Geheiß der USA die Beziehungen zu Russland brutal beschädigt und Sanktiononen ohne Rücksicht auf eigene Verluste in Kraft gesetzt“.

Diese Politik, für die man die Bevölkerung nun zu Opfern aufruft, ist selbstzerstörerisch und grenzt an Wahnsinn. Und das nicht nur wegen der katastrophalen wirtschaftlichen Konsequenzen. Im Zusammenhang mit den Waffenlieferungen und all der sonstigen Unterstützung des Regimes in der Ukraine macht sie Deutschland zur direkten Kriegspartei. Das erhöht die Gefahr einer territorialen Ausweitung des Krieges bis hin zu einem atomaren Inferno in Europa.

Wir sagen Nein zu diesem Wahnsinn! Alle Sanktionen und Waffenlieferungen sind sofort einzustellen. Deutschland muss statt dessen eine Politik der Entspannung und der De-Eskalation verfolgen. Das Ziel: Friedenbsverhandlungen und sofortiger Waffenstiffstand.

Die Friedensbewegung ist nötiger denn je. Friedenspolitik ist keine Blauäugigkeit, kein Einknicken vor Gewalt.
Friedensordnungen beenden Gewalt und verhindern neue!
Kontakt: info@dortmunder-friedensforum.de www.dortmunder-friedensforum.de

Rede von Cornelia Wimmer, Friedensforum
am 27. Juli 2022 bei der Mahnwache vor der Dortmunder Petrikirche

Liebe Dortmunderinnen und Dortmunder,
Liebe Friedensbewegte,
liebe Friedensbedürftige, – zu denen auch ich mich zähle:

Nicht erst dieser Sommer, aber eben auch er zeigt uns sehr klar, was nötig ist:
Das Klima wieder bändigen.
Die Voraussetzungen dafür schaffen, dass im Süden Europas keine 40 Grad – oder auch mehr – herrschen.
Dass die Wälder nicht abbrennen.
Dass die Landwirtschaft funktioniert.
Und dass wir in unseren Städten leben können, auch wenn wir keinen schattigen Garten hinterm Haus haben.

Was unsere Ampel-Regierung plant, kann uns nicht überzeugen:
Wieder Steinkohle verheizen statt Gas? Fracking-Gas emissionsträchtig produzieren und über die Weltmeere schippern?
Auch wenn wir kürzer duschen:
Herr Habeck, Klimaktivist:innen tun das ohnehin.
Sie erst jetzt, und auch nicht fürs Klima, nein, für den Krieg, der längst nicht nur Putins Krieg ist, sondern einer der NATO und Ihrer…

Auch wenn wir, wie gesagt, kürzer duschen und
(wieder Ihre Worte, – Sie merken, wir hören Ihnen zu!)
jede Kilowattstunde zählen…
So nützt das nix gegen das, was da auf uns zurollt, in unübersehbarer Weise.
Denn Sie wollen länger Krieg, den Menschenkiller, die CO2-Schleuder – bis wann eigentlich? Ziele? Pläne?
Herr Klingbeil will Deutschland führend sehen und es aufrüsten und militärisch stärken und dafür unseren kostbaren kollektiven CO2-Fußabdruck verzigfachen,- hat er uns gefragt?
Nicht nur, dass wir arm werden bei dieser hirnverbrannten und zukunftslosen Politik.
Es ist unsere Zukunft selbst, die da gerade verheizt wird. Von Ihnen, Herr Habeck, Frau Baerbock, Herr Scholz, Herr Klingbeil.
Wie wäre es, wenn Sie gingen? Da Sie, Herr Habeck, ja den schnoddrigen Ton gelegentlich stilsicher einsetzen, vielleicht mit dem Abschiedsspruch: Wir haben es verkackt?

Rede von Frank Cleve, Attac
am 27. Juli 2022 bei der Mahnwache vor der Dortmunder Petrikirche

Die Kopflosigkeit der deutschen Politik hinterlässt bei den Menschen immer größere Fragezeichen.

Unsere grüne Außenministerin ist von dem Ziel beseelt, Russland zu ruinieren, während unser grüner Wirtschaftsminister uns ankündigt, dass wir immer ärmer werden.
Womit er wahrscheinlich recht hat, weil wir uns durch den Wirtschaftskrieg, den wir gegen Russland führen, selbst ruinieren.

Und dann verkündet unser Kanzler Scholz noch in der FAZ, Zitat: „Die EU muss zu einem geopolitischen Akteur werden“ – der vielleicht gerade auf eine Rezession zusteuert.

Da kann einem schon schwindelig werden.

Denn immer deutlicher wird, dass die anfänglich vollmundigen Erklärungen, dass man Russland mit den Sanktionen ruinieren werde, sich in ihr Gegenteil verwandeln, nämlich dass wir Gefahr laufen, mit diesem Sanktionsfetischismus die deutsche Gesellschaft zu ruinieren und diese Maßnahmen Deutschland mehr schaden als Russland.

Dies beweisen die Meldungen über Preissteigerungen, über die Folgen des Gasmangels und die steigenden Besucherzahlen bei den Tafeln – ich glaube hier brauche ich keine weiteren Fakten aufzuzählen. Die sind durch die öffentliche Debatte hinlänglich bekannt.
Dieser Sanktionsfetischismus führt zu einer absehbaren Verarmung bis in die Mittelschichten hinein, zu einer wirtschaftlichen Selbstzerstörung.
Denn die billigen Energielieferungen aus Russland, waren eine der Grundlagen der deutschen Wettbewerbsfähigkeit.
Zu glauben, dass man Russland mit Boykottmaßnahme in die Knie zwingen werde, ist reines realitätsfernes Wunschdenken.
Das wird schon deshalb nicht passieren, weil die Welt aus mehr als dem Westen besteht. Nicht einmal enge Verbündete der USA wie Israel oder Saudi-Arabien beteiligen sich an dem Boykott und schon gar nicht Indien oder China.
Und da infolge der Boykottmaßnahmen das Angebot von Gas und Öl sich verknappt, bietet sich für Spekulanten aller Art die Gelegenheit, die Preise auf der ganzen Welt in die Höhe zu treiben. Und den Preis zahlen am Ende die Verbraucher.
So hat dieser vom Westen begonnene Wirtschaftskrieg gravierende Folgen nicht nur in Deutschland und Europa, sondern weltweit.
Und das ist auch ein Grund dafür, dass sich außer dem „Westen“ kaum ein Land an den Boykottmaßnahmen gegenüber Russland beteiligt.
Dies lässt die transatlantische Medienlandschaft allerdings gerne unerwähnt.
Man sollte nun eigentlich meinen, dass angesichts der Sackgasse, in die dieser Kurs in dem Ukrainekonflikt führt, die Regierung darüber nachzudenken beginnt, wie man aus dieser verfahrenen Situation herauskommt.
Stattdessen hält sie verbissen an ihrem bisherigen fatalen Kurs fest:
Waffenlieferungen an die Ukrainwe und Wirtschaftskrieg gegen Russland.

Damit dieser Wahnsinn nicht so auffällt, wird über Gassparmaßnahmen diskutiert und darüber, dass der Wirtschaftsminister jetzt kürzer duscht.
Anderen dämmert es aber schon. So schreibt Antje Vollmer (ehemalige Parlamentspräsidentin) am 14. 07 in der Berliner Zeitung:
„Vielleicht bin ich ja die Einzige, die allmählich beginnt, den immer gleichen Beteuerungen von der neuen Geschlossenheit und der nie da gewesenen Stärke des Westens nicht mehr zu glauben. Während sich die Gipfeltreffen von EU, G7, Nato, G20 regelrecht jagen und immer neue Posterbilder von schulterklopfenden, von ihrer Mission beflügelten Staatsmännern und -frauen täglich über alle Kanäle flimmern, kommt mir das Ganze allmählich so vor wie das Pfeifen im Walde.“
Davor, dass sich diese Einsicht durchsetzt, und dass ein Kurswechsel in Richtung Verhandlungen dringend eingeleitet werden muss, davor haben die transatlantischen Scharfmacher Angst.
So erschien am 13. Juli in der „Frankfurter Allgemeinen“ ein Aufruf – von Professoren und Generälen unterzeichnet – der davor warnt, jetzt eine diplomatische Lösung anzustreben.
Zitat:
„Wir sehen mit großer Sorge, dass in der politischen Debatte in Deutschland zum Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine immer wieder Forderungen nach einer nicht näher definierten und sofortigen „politischen Lösung“ oder nach einem „Waffenstillstand“ um jeden Preis aufkommen.“

Ich nehme allerdings unter den Menschen eine andere Stimmung wahr:
Die Mehrheit wartet darauf, dass endlich Verhandlungen beginnen darüber, wie man zu einem Waffenstillstand kommt und zu einem Kompromiss, der die Sicherheit sowohl der ukrainischen als auch der russischen Seite gewährleistet.

hma-meldungen 16-2022

5. August 2022

, , , , , , , , , , , , ,

Lagerverkauf in Dortmund-Dorstfeld

Dortmund. Die Partei „Die Rechte“ in Dortmund kündigt für Samstag, den 6.August, einen Lagerverkauf in Dortmund-Dorstfeld an. Dazu würden der „Kampf der Nibelungen“ und der „Sturmzeichen-Verlag“ einladen. Von 14 bis 18 Uhr bestehe in der Thusneldastraße 3 die Möglichkeit, nach Szene-Bekleidung und Lesestoff zu stöbern. Angekündigt werden „mehrere Flohmarkt- und Infostände sowie kalte und warme Getränke“. All dies „in privatem und geschützten Raum – Presse, Antifa & Co. haben keinen Zutritt“, heißt es in der Bewerbung (hma).

„Tag der Heimattreue“ am 3.September in Hilchenbach

Hilchenbach/NRW. Die extrem rechte Partei „Der Dritte Weg“ will ihren „Tag der Heimattreue“ am 3.September in Hilchenbach durchführen. Dieser soll ab 13 Uhr auf der Gerichtswiese im Ortskern der Gemeinde stattfinden, die in der Nähe der sauerländischen Stadt Olpe liegt. Zusätzlich soll es eine Demonstration geben. Die Gerichtswiese ist nur wenige Meter von dem Partei- & Bürgerbüro der Partei auf der Dammstraße entfernt. Angekündigt werden für diesen fünften „Tag der Heimattreue“ wieder Informations- und Aktionsstände, ein Selbstverteidigungskurs, musikalische Darbietungen sowie ein Handwerkermarkt. Zuvor hatte die extrem rechte Partei mitgeteilt, sie habe in einem Eilverfahren vor dem Verwaltungsgericht Arnsberg erreicht, dass die Gemeinde Hilchenbach kein Vorkaufsrecht für die von „Der Dritte Weg“ genutzte Immobilie in der Dammstraße hat (hma).

CDU schließt Otte aus

Köln. Max Otte (57), ehemals Vorsitzender der erzkonservativen „Werte-Union“, ist nicht mehr Mitglied der CDU. Der Ökonom und frühere Kandidat der AfD für das Amt des Bundespräsidenten hatte bis zum 1.August keine Rechtsmittel gegen das Votum des CDU-Parteigerichts eingelegt, ihn aus der Partei auszuschließen. Kölns CDU-Chef Petelkau erklärte, das Otte durch sein Verhalten erheblich gegen die Grundsätze und Werte der CDU verstoßen habe. Er sei froh, dass dieser schwerwiegende Fall von parteischädlichem Verhalten mit der einzig richtigen Konsequenz geahndet wurde: dem Ausschluss aus der Partei (hma).

„Compact“-Sommerfest in Stößen

Stößen/Burgenlandkreis. Das extrem rechte Magazin „Compact“ lädt für den 27.August zu einem Sommerfest „Für Frieden und Freiheit“ nach Stößen im Burgenlandkreis ein. „Freiheit für Deutschland und Frieden mit Russland. Wir brauchen die nationale Souveränität, wir müssen die US-Besatzung und die Corona-Diktatur abschütteln“, heißt  es in der August-Ausgabe der „Compact“. Auf dem Sommerfest könne man „die besten Köpfe der Opposition treffen“: Martin Sellner, der Kopf der österreichischen Identitären, den „Corona-Protest-Pionier“ Anselm Lenz („Demokratischer Widerstand“), Martin Kohlmann („Freie Sachsen“) und Hans-Thomas Tillschneider (AfD-Landtags-abgeordneter). Jürgen Elsässer werde im Gespräch mit Manfred Kleine-Hartlage seine Autobiografie vorstellen, der Redakteur Paul Klemm das neue TV-Konzept des Magazins und die Redakteurin Sophia Fuchs die „Freie Jugend“. Angekündigt werden auch „eine zünftige Kapelle, Speis und Trank sowie lustige Baerbock-Spiele“, heißt es in der Bewerbung der Veranstaltung, die von 11 bis 18 Uhr stattfinden soll (hma).  

hma-meldungen 15-2022

22. Juli 2022

, , , , , ,

AfD-Landtagsabgeordneter verlässt die Partei

Niedersachsen. Der niedersächsische AfD-Landtagsabgeordnete Christopher Emden ist aus der AfD ausgetreten. Dabei sparte er nicht mit heftigen Vorwürfen gegen seine ehemaligen Mitstreiter. Die AfD sei zu einem Sammelbecken für Versager, Gangster und Minderbemittelte geworden. Diese seien für normale Beschäftigungsverhältnisse außerhalb der Partei untauglich, so Emden in einer Mitteilung an die Bundesgeschäftsstelle der AfD. Die AfD sei deutlich nach rechts ins Völkische gerückt und keine Rechtsstaat-Partei mehr. Einen Verbleib in der AfD, so Emden – der vor seiner Wahl in den Landtag als Richter gearbeitet hatte – könne er mit mit seinen ethisch-moralischen Grundsätzen nicht mehr vereinbaren. Die AfD sei keine Alternative, sondern ein Abgrund für Deutschland. Sie sei nicht nur verzichtbar, sondern wegen der zunehmenden Radikalisierung ihrer Mitglieder sogar gefährlich für unser Land, heißt es in seiner Austrittserklärung. AfD-Landesvorsitzender Frank Rinck wertete Emdens Austritt als Trotz- und Racheaktion, nachdem sich dieser vergeblich um einen Listenplatz für die Landtagswahl beworben hatte (hma).

hma-meldungen 15-2022 weiterlesen »

hma-meldungen 14-2022

22. Juli 2022


NPD-Landesparteitag in NRW

NRW. In Nordrhein-Westfalen fand Anfang Juli der diesjährige Landesparteitag der NPD statt. Geleitet wurde die Tagung durch den NPD-Bundesschatzmeister Stefan Köster. Als Gastredner sprach Frank Franz, Bundesvorsitzender der NPD. Bei den Wahlen zum neuen Landesvorstand wurde Claus Cremer als Vorsitzender ohne Gegenstimme in seinem Amt bestätigt. Als stellvertretende Landesvorsitzende wurden die Juristin Ariane Meise, Kreisvorsitzende des Rhein-Sieg-Kreises, und Melanie Händelkes, Kreis-vorsitzende in Duisburg, gewählt. Es folgte die Wahl weiterer Beisitzer und des Landesschiedsgerichts. Der neugewählte Landesvorstand der NPD habe es sich zur Aufgabe gestellt, „am Modernisierungskurs der NPD aktiv mitzuwirken, um die nationale Opposition in Deutschland weiter zu stärken und breiter aufzustellen“, meldet die Pressestelle der NPD NRW (hma).

hma-meldungen 14-2022 weiterlesen »

hma-meldungen 13-2022

22. Juli 2022

„Patriotisches Verlagstreffen“ im Spreewald

Spreewald. Das extrem rechte Netzwerk „Ein Prozent“ kündigt für den 2.Juli ein „Patriotisches Verlagstreffen“ an einem Ort im Spreewald an. Teilnehmen werden bislang der „Jungeuropa Verlag“ des „Ein Prozent“-Leiters Philip Stein, das Projekt „Hydra Comics“ und der „Oikos Verlag“ von Jonas Schick, der die „patriotische“ Öko-Zeitschrift „Die Kehre“ verlegt. Auf dem Programm stehen Vorträge, Lesungen und Diskussionen. So soll Benedikt Kaiser zum Thema „Neue Rechte, alte Rechte, jüngste Rechte – Vom Sinn und Unsinn etablierter Begriffe“ referieren. Michael Schäfer, Chef von „Hydra Comics“, referiert zum Thema „Popkultur als Waffe“ und Jonas Schick spricht über „Natur und Reich“. Zum Abschluss des Tages wird es eine Diskussion über die Frage „Braucht Deutschland wieder eine patriotische Jugendbewegung wie seinerzeit die Identitäre Bewegung?“ geben. Der Einlass zu dem Treffen soll um 13.30 Uhr beginnen, die Veranstaltung um 22 Uhr enden. Der genaue Ort des Treffens wird erst nach Zahlung des Eintrittspreises mitgeteilt (hma).

hma-meldungen 13-2022 weiterlesen »

Gedenkveranstaltung zum 81. Jahrestag des Überfalls auf die Sowjetunion am 22. Juni 1941, Westfalenhallen Dortmund

22. Juni 2022

Gedenkstein Dortmund Westfalenhalle (Archivfoto, Knut Maßmann 2021).

Wir dokumentieren die Rede von Joachim Schramm, DFG-VK.

Liebe Freundinnen und Freunde, sehr geehrte Damen und Herren,

heute vor 81 Jahren startete der Überfall der deutschen Wehrmacht auf die Sowjetunion. Das sogenannte Unternehmen Barbarossa war von langer Hand vorbereitet und sollte den „jüdischen Bolschewismus“ vernichten, die „slawischen Untermenschen“, wie es im Jargon der Nazis hieß. Hannelore Tölke hat dazu gerade einiges gesagt.

Die sowjetischen Menschen starben nicht nur fern im Osten, sie starben hier in Deutschland, auch in Dortmund. Auf 27 Friedhöfen in Dortmund finden sich Gräber sowjetischer Bürger, die größte Grabstätte für sowjetische Opfer ist der internationale Friedhof am Rennweg, der auch einer der größten Grabstätten in ganz Nordrhein-Westfalen ist. An den Grabstätten und auf den Gedenksteinen findet man zwar Zahlen über die Menge der Opfer, kaum aber Namen der Menschen, die hier litten oder begraben liegen. Daran hatte lange niemand Interesse.
Lange Zeit wurden die an den sowjetischen Menschen verübten Verbrechen verschleiert, die Grabstätten in unserem Land versanken häufig in Vergessenheit. Im Zuge des Kalten Krieges wurden die unvorstellbaren Verbrechen der Wehrmacht und der SS in der Sowjetunion verdrängt. Erst nach Ende des Kalten Krieges räumte vor allem die Wehrmachtsausstellung mit dem Mythos der sauberen Armee auf und thematisierte das Ausmaß der vor allem in der Sowjetunion begangenen Verbrechen.

Die Erinnerung an diese an den Menschen der Sowjetunion begangene Verbrechen war vielfach auch die Motivation, mit der ab Anfang der 90er Jahre Städtepartnerschaften zwischen deutschen Städten und Städten der ehemaligen Sowjetunion entstanden, so auch 1992 zwischen Dortmund und Rostow am Don in Russland. Auch ich war Ende der 80er Jahre in die Anbahnung einer solchen Städtepartnerschaft eingebunden und besuchte die Stadt Kursk. Sie war 1943 Schauplatz einer entscheidenden Panzerschlacht im zweiten Weltkrieg, der Schlacht am Kursker Bogen. Wir trafen dort Menschen, die uns freundlich begrüßten, sich für uns interessierten. Und dann sollte es ein Treffen mit sowjetischen Kriegsveteranen geben. Uns allen war wohl mulmig zumute, wir als Kinder und Enkel der Männer, die so großes Leid über dieses Land und diese Stadt gebracht hatten. Die Veteranen kamen in ihren alten Uniformen, die Brust mit Orden geschmückt. Und sie sprachen nicht von erlittenem Leid und von Rache, sie sprachen von Frieden und das man zusammen die Zukunft gestalten müsse. Und sie nahmen unsere Friedensbuttons und hefteten sie sich an die Brust, neben ihre Weltkriegsorden. An all diese Menschen, die den Faschismus besiegt und unser Land mit befreit haben, denken wir an diesem 22. Juni!

Nicht nur wir hofften Anfang der 90er Jahre auf ein neues Verhältnis zu den Nachfolgestaaten der Sowjetunion. Auch die Menschen dort hofften auf ein neues, vertrauensvolles Zusammenleben im gemeinsamen Haus Europa. Und das schien ja auf einem guten Wege. Es ist eine zwar nicht schriftlich fixierte aber glaubwürdig bestätigte Tatsache, dass in den 2+4 Verhandlungen zur deutschen Vereinigung der Sowjetunion versichert wurde, die NATO werde sich nicht weiter nach Osten ausdehnen. Doch dann hielt sich die NATO nach Auflösung der Sowjetunion schon bald nicht mehr daran. Nach und nach wurden zunächst die ehemaligen Mitgliedsstaaten des Warschauer Vertrages in das verbliebene Militärbündnis aufgenommen, dann auch ehemalige Sowjetrepubliken. Bald trennten nur noch die drei ehemaligen Sowjetrepubliken Georgien, Weißrussland und Ukraine das hochgerüstet Militärbündnis NATO von Russland. Ist es so abwegig, dass diese Entwicklung in Russland als Bedrohung angesehen wurde, auch angesichts der Erfahrungen, die man dort vor 80 Jahren gemacht hatte? Der US-Diplomat und erfahrene Osteuropa-Kenner George F. Kennan sah das so und schrieb bereits 1997 in der New York Times: „Es wäre der verhängnisvollste Fehler amerikanischer Politik in der Zeit nach dem Kalten Krieg, die NATO bis zu den Grenzen Russlands auszuweiten.“

Das ist keine Entschuldigung für den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine, der seit dem 24. Februar tobt und bereits zehntausende Opfer gefordert hat. Aber wenn man über die Ursachen dieses Krieges nachdenkt, muss man diese Dinge mit im Auge behalten. Wenn wir in den vergangenen Jahren an die sowjetischen Opfer des II. Weltkrieges gedacht haben, dann haben wir dabei immer an alle gedacht, egal ob sie aus Russland, Weißrussland, der Ukraine oder anderen Teilen der ehemaligen Sowjetunion kamen. Und das sollten wir auch so beibehalten. Hannelore Tölke hat es angesprochen, vor einem Jahr waren wir mit unserer FriedensFahrradtour hier an dieser Stelle und haben der Toten gedacht. Und wir haben uns nicht vorstellen können, dass ein Jahr später die Nachfahren der Männer und Frauen, die hier gemeinsam gelitten haben, gegeneinander Krieg führen würden. Dass heute in der Ukraine Menschen sterben, die den Vernichtungskrieg der Nazis oder die Lager überlebt haben, ist ein großes Unglück und zeigt die Unsinnigkeit des Krieges in seinem ganzen Ausmaß. Und dass Russland den Angriff auf die Ukraine mit dem angeblich notwendigen Kampf gegen dortige Faschisten rechtfertigt, muss den Angehörigen dieser jetzt gestorbenen Menschen wie Hohn vorkommen. Dieser Krieg muss beendet werden, je eher desto besser!

Zu Recht wird davon gesprochen, Deutschland habe angesichts seiner Geschichte eine besondere Verantwortung. Diese gilt gegenüber Israel, aber sie muss auch gegenüber den Menschen in den Nachfolgestaaten der Sowjetunion gelten. Wir als Deutsche, als deutscher Staat sollten eine besondere Verantwortung gegenüber den Menschen in der Ukraine, in Weißrussland und in Russland übernehmen. Und diese besondere Verantwortung muss doch darin bestehen, das Leben der Menschen zu bewahren, das Töten in diesem schlimmen Krieg zu beenden, einen Krieg zu beenden, der weite Teile der Ukraine in Schutt und Asche legt und Tag für Tag hunderte Zivilisten und Soldaten das Leben kostet. Zu diesem Töten tragen auch die Waffen bei, die aus unserem Land an die Ukraine geliefert werden. Die Zahlen der Opfer schwanken, aber man kann von mindestens 50.000 Toten seit Februar ausgehen, darunter ein hoher Anteil an Zivilisten. Trotzdem hören wir in diesen Wochen leider meistens nicht die Stimmen des Friedens. Wir hören die Stimmen, die vom notwendigen Sieg der Ukraine sprechen, wie von unserer Außenministerin, vom noch Jahre dauernden Krieg, wie vom NATO-Generalsekretär Stoltenberg oder sogar davon, dass NATO-Staaten direkt in den Kampf eingreifen müssten, wie sich der Chef des britischen Generalstabs Anfang dieser Woche äußerte. Diesen Politikern und Militärs sagen wir: dieser Krieg wird keine Sieger kennen sondern immer mehr Verlierer, je länger er dauert. Die wachsenden Spannungen um die Enklave Kaliningrad machen deutlich, dass dieser Kriege auch jederzeit weiter eskalieren kann. Wir brauchen Frieden, nicht militärisches Wortgeklingel.

Heute, am 22. Juni wäre es der passende Tag für deutsche Politiker, für unsere Regierung, sich der eigentlichen Verantwortung gegenüber allen Menschen in den Nachfolgestaaten der Sowjetunion bewusst zu werden und eine Friedensoffensive zu starten. Deutlich zu machen, dass wir nicht auf den Sieg einer der beiden Seiten setzen, dass uns das Leben der Menschen am wichtigsten ist und nicht abstrakte Werte und Aussagen wie „es darf keinen Diktatfrieden geben“, wie „wir wollen alles zurück haben, was uns gehört“. Zwischen der aus Russland zu hörenden Position, die Ukraine sei eigentlich kein eigenständiger Staat und der ukrainischen Position, man wolle alle Gebiete zurückerobern, gibt es Zwischenpositionen. Diese auszuloten und alle diplomatischen Kräfte zu bemühen, sie auf dem Verhandlungswege zu erreichen, dass wäre eine lohnenswerte Aufgabe für die deutsche Regierung. Dabei kann unsere Regierung nicht selbst der Vermittler sein, aber sie könnte solche Vermittler suchen, diese unterstützen und so den Weg zum Frieden in der Ukraine zu öffnen. Dazu rufen wir auf, heute an diesem 22. Juni 2022.

Denn, auch wenn das viele heute nicht gerne hören, wir können uns kein Europa der Konfrontation auf Dauer leisten. Wir sehen in diesen Tagen, wohin diese Konfrontation führt. CO2-schleudernde Kohlkraftwerke werden reaktiviert, es wird über die Verlängerung der Atomkraft nachgedacht, der teuersten und gefährlichsten Energiequelle. Wie soll dem Klimawandel Einhalt geboten werden, das Ziel des Stopps der Erderwärmung erreicht werden, wenn wir das nicht einmal in Europa gemeinsam auf den Weg bringen, sondern uns in Kriege und Konflikte verstricken. Es wird keine Friedensordnung in Europa geben ohne das atomar bewaffnete Riesenland Russland. Wie soll der Klimawandel gestoppt werden, wenn ein isoliertes Russland weiter seine Reserven an Kohle und Gas verfeuert, statt mit westlicher Hilfe erneuerbare Energien stärkt. In Sibirien tauen die Permafrostböden auf und verströmen klimaschädliches Methangas. Geht uns das nichts an, weil das ja dann in einem isolierten Russland passiert? Das können wir uns und unserer Jugend nicht zumuten!

Auch wenn unser Gerechtigkeitsgefühl sagt, wir dürfen eine Aggression wie die russische gegen die Ukraine nicht einfach akzeptieren, muss unser Vernunft sagen, dass wir nicht mehr Waffen und mehr Konfrontation in Europa brauchen, sondern Gespräche, Verhandlungen und Verträge, die mehr Sicherheit in Europa schaffen, aber auch den Weg öffnen können für mehr demokratische Entwicklung. Wir brauchen eine neue Entspannungspolitik. Wir brauchen das gemeinsame Haus Europa, zu dem auch Russland gehört!

Ein Weg dahin könnte die Wiederbelebung der OSZE, der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa sein, in der alle beteiligten Staaten Mitglied sind. Eine wichtige Basis für eine Entspannungspolitik, für ein respektvolles Miteinander, ist auch der wirtschaftliche Austausch. Der wird jedoch plötzlich nicht mehr als Chance gesehen sondern nur noch als Gefahr der möglichen Erpressung. Wollen wir wieder zurück in ein System autarker Nationalstaaten? Das kann nicht die Lösung sein.
Und auch der zivilgesellschaftliche Austausch, die Kontakte von Mensch zu Mensch sind das Fundament, um Feinbilder abzubauen und Verständnis füreinander zu entwickeln, aber auch voneinander zu lernen. Städtepartnerschafen sind Beispiele für einen solchen Austausch. Hierzu zählt aber auch die Übernahme von Verantwortung z.B. für die wenigen noch Lebenden der Kriegsgefangenen und Zwangsarbeiter bzw. deren Nachkommen in Form von finanziellen Leistungen durch den deutschen Staat, die es bisher nur in unzureichendem Maße gegeben hat. Dazu bedarf es neuer Kontakte nicht nur mit der Ukraine sondern auch mit Russland und Weißrussland. Das sollte unsere Regierung, aber auch wir alle im Blick haben, auch wenn es angesichts des aktuellen Krieges vielen schwer fällt. Das gehört zu unserer Verantwortung, Verantwortung für das, was in deutschem Namen vor achtzig Jahren an Verbrechen verübt wurde. und was am 22. Juni 1941 begann!

Ältere Nachrichten · Neuere Nachrichten