Dem Antifaschismus ein persönliches Gesicht geben

8. Januar 2019

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„Kinder des Widerstandes“ – Antifaschismus als Aufgabe

Unter dieser Überschrift präsentieren sich Nachkommen von Verfolgten des Naziregimes jetzt auch im Internet unter http://kinder-des-widerstandes.de/. Sie fanden sich vor einigen Jahren zusammen um als Töchter, Söhne und Enkel an Widerstand und Verfolgung ihrer Mütter, Väter, Großeltern während der Nazizeit zu erinnern. Ihre Eltern und Großeltern erlitten Folter und Terror, manche den Tod, in Gefängnissen, Zuchthäusern und Konzentrationslagern oder flohen aus Deutschland. Die Überlebenden und aus der Emigration zurückgekehrten machten sich zur Aufgabe alles zu tun, damit sich Ähnliches nicht wiederholt.

Viele von ihnen wurden zu gefragten Zeitzeugen, besonders an Schulen. Anschaulich erzählten sie, wie sie Widerstand gegen das Naziregime leisteten, welche Gefahren sie auf sich nehmen mussten und was das für ihre Familien bedeutete. Sie machten den jungen Menschen Mut, sich rechtzeitig einzumischen, sich gegen rassistische, antisemitische, fremdenfeindliche, nationalistische und menschenverachtende Gedanken und Taten zu positionieren.

Heute leben die Eltern und Großeltern nicht mehr und können nicht mehr als Zeitzeugen berichten und weiter in die Schulen, Jugendgruppen oder Vereine gehen. Aber ihre Erfahrungen dürfen nicht verloren gehen. Darum bezeichnen sich die „Kinder des Widerstandes“ nicht nur rückblickend und gedenkend, sondern sehen antifaschistische Tätigkeit Heute als ihre wichtigste Aufgabe an.

Ihnen ist klar, dass sie Geschichten „aus zweiter Hand“ weitergeben. Doch sie haben sich intensiv mit dem Leben ihrer Familien beschäftigt. In vielen Elternhäusern wurde über die Erlebnisse während der Nazizeit gesprochen. Daher glauben sie, Jugendliche und Erwachsene als Zeugen von Zeitzeugen erreichen zu können. Sie können so dem antifaschistischen Widerstand ein persönliches Gesicht geben. Sie wollen erzählen, was Widerstand, Verfolgung, Emigration, Inhaftierung in Gefängnissen, Zuchthäusern und Konzentrationslagern, Folter und Terror für den einzelnen Menschen und ihre Familien bedeutete.

Die positiven Rückmeldungen aus den Veranstaltungen bestärken sie darin vom Wirken ihrer Eltern und Großeltern gegen den Faschismus zu berichten. Natürlich erzählen sie auch über sich, wie sie nach 1945 das Engagement ihrer Eltern für ein demokratisches Deutschland miterlebten – und wie enttäuscht ihre Eltern waren, dass alte Nazis in der jungen Bundesrepublik wieder wichtige Posten bekamen, während Widerstandskämpfer als „Landesverräter“ bezeichnet wurden. Selbst der aus dem Exil zurückgekehrte Willy Brandt wurde während der Wahlkämpfe bis weit in die Nachkriegszeit von Politikern wie Konrad Adenauer und Franz Josef Strauß als „Landesverräter“ angegriffen.

Einige engagieren sich als Töchter von „Moorsoldaten“ im „Aktionskomitee für ein Dokumentations- und Informationszentrum Emslandlager“. Sie haben zusammen mit Gewerkschaften und kirchlichen Gruppen mehrere Fahrten zur Ausstellung über die Emslandlager in Papenburg vorbereitet und durchgeführt. Auch an Fahrten anderer Gruppen zu Gedenkstätten nehmen sie als „Kinder des Widerstandes“ teil, bringen sich in die Arbeit von Mahn- und Gedenkstätten ein, weil auch dort die Zeitzeugen leider nicht mehr leben oder gesundheitlich nicht mehr dazu in der Lage sind.

Unterstützt werden sie von der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA). Ergänzend zu ihren Erzählungen bietet die VVN-BdA eine Ausstellung über den aktuellen Neofaschismus in Deutschland an. In Verbindung von Erzählungen, Bildern und Ausstellung wird noch verständlicher, warum das Wissen über das Naziregime heute so wichtig ist.

Peter Gingold, der nach Frankreich emigrierte und dort in der Résistance arbeitete, schrieb: „Vergesst nicht unsere bitterste Erfahrung! Die Faschisten sind nicht an die Macht gekommen, weil sie stärker waren, als ihre Gegner, sondern weil wir uns nicht rechtzeitig zusammengefunden haben … 1933 wäre verhindert worden, wenn alle Hitlergegner die Einheitsfront geschaffen hätten. Dass sie nicht zustande kam, dafür gab es … nur eine einzige Entschuldigung: Sie hatten keine Erfahrung, was Faschismus bedeutet, wenn er einmal an der Macht ist. Aber heute haben wir alle diese Erfahrung, heute muss jeder wissen, was Faschismus bedeutet. Für alle zukünftigen Generationen gibt es keine Entschuldigung mehr, wenn sie den Faschismus nicht verhindern.“