VVN-BdA Düsseldorf erinnerte an die Razzia in den Arbeiterquartieren in Unter-Gerresheim vor 90 Jahren

24. Juni 2023

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Am 07.05.2023 erinnerte die VVN-BdA Düsseldorf auf einem Gedenkgang mit dreißig Teilnehmer:innen an den Rachezug der Faschisten gegen die damalige KPD-Hochburg Unter-Gerresheim vor 90 Jahren.
Am 05.05.1933 wurden die Arbeiter:innen der Glashütte in Unter-Gerresheim in einer großangelegten Terroraktion überfallen. Im Morgengrauen wurden die Arbeiterquartiere abgeriegelt und 3.500 Männer der SA, der SS und des Stahlhelms, verstärkt durch Polizei, Feuerwehr und technischen Notdienst, trieben die Arbeiterfamilien auf die Straße und stellten systematisch jede Wohnung, Keller oder Dachboden, jeden Stall und jede Gartenlaube auf der Suche nach „verdächtigem“ Material auf den Kopf.
280 Männer wurden in das Heyebad, die damalige Badeanstalt für die „Hötter“ – die Arbeitersiedlungen der Glashütte hatten keine Bäder – abgeführt. Dort wurden die Antifaschisten geschlagen und misshandelt, bis sie in einem Schandzug – dem Gespött der Bevölkerung ausgesetzt – durch die Stadt in das Polizeipräsidium abgeführt wurden.
Gisela Blomberg verwies in einer Gedenkrede auf historische Zusammenhänge. Inge Trambowsky und Bärbel Stahl, beide „Kinder des Widerstands“, schilderten eindringlich die Lebensbedingungen der Gerresheimer Arbeiter und das Schicksal ihrer Angehörigen. Inge Trambowsky berichtete, wie furchtbar es war für Will Kutz, ihrem damals 17 Jahre alten Vater, dass nach seiner Festnahme die SA-Männer ihm eine Nummer auf die Wange schrieben und ihn bespuckten. Den Widerstand gegen das Hitler-Regime setzte Willy Kutz fort, bis er 1935 erneut verhaftet und zu einer Zuchthausstrafe verurteilt wurde. Bärbel Stahl berichtete von der Verurteilung ihres Onkels Paul Tibulski, Mitglied des Rotfront-Bundes, und 24 weiteren Angeklagten wegen des angeblichen Mordes an dem SA-Mann Hilmer im Jahre 1932. Dieser Prozess war 1932 noch eingestellt worden, wurde aber im Mai 1933 im Zusammenhang mit der Razzia erneut aufgerollt. Das Skandalurteil wurde auch nach der Befreiung nicht aufgehoben, Paul Tibulski wurde nie rehabilitiert.
Zur Würdigung des Gerresheimer Arbeiterwiderstand wurden an der 1986 unter führender Mitwirkung der Gerresheimer DKP am Heyebad errichteten Mahntafel „Zu Ehren der Opfer des Naziregimes“ Blumen niedergelegt.
Mit Flugblättern hatte die VVN-BdA in der nach der Schließung der Glashütte im Jahre 2005 privatisierten Arbeitersiedlung auf ihren Gedenkgang aufmerksam gemacht, nicht wenige der „neuen“ Einwohner:innen von Gerresheim erfuhren zum ersten Mal von der großen Geschichte ihres Stadtteils. Wie auch bei unseren anderen Rundgängen wurde deutlich, wie wichtig unsere antifaschistische „Straßengeschichte“ ist, zumal die bürgerlichen Medien meistens darüber hinwegsehen.

Klaus Winkes