Friedenspolitische Konferenz der VVN-BdA NRW am 3.2.2024 in Oberhausen

17. Februar 2024

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Auf der Antrag der Kreisvereinigung Köln wurde bei der Landesdelgiertenkonferenz im April 2023 beschlossen, den Entwurf des Positionspapier „Die Waffen Nieder! Gegen Krieg, Hochrüstung und Rüstungsexporte!“ in den Kreisorganisationen zu diskutieren und dazu dann eine Friedenskonferenz durchzuführen.

Vier Eingangsreferate boten den über 100 Teilnehmer:innen eine Orientierungsgrundlage zur aktuellen geostrategischen, innenpolitischen und vor allem friedenspolitischen Lage – auch im Hinblick auf Bündniserfahrungen. Referierende waren außer den MdB Sevim Dagdelen und Andrej Hunko der langjährige attac-Aktivist Peter Wahl und Jutta Kausch von der Berliner Friedenskoordination (FRIKO). Die Referierenden behandelten internationale Krisen und Kriege, die Positionierung der Bundesregierung zu den aktuellen Krisen und Kriegen, die Bestrebungen, die Friedensbewegung zu delegitimieren und deren Wirkungen auf Spektren der Friedensbewegung.

Im Anschluss berieten Arbeitsgruppen zu den Inhalten der Referate und erarbeiteten Eckpfeiler für eine friedenspolitische Grundsatzerklärung. Es wurde eine fünfköpfige Redaktionsgruppe gebildet, die dem Landessauschuss einen entsprechenden Entwurf zur Beschlußfassung vorlegen wird.

Im Eingangsreferat kritisierte Peter Wahl das zweipolige gut-böse-Schema des Bellizismus, das sich der Wahrnehmung komplexer Entwicklungen entzieht und die historische Entstehung von Konflikten ausblendet. Damit verschließt sich das militärische Denken jeglicher Lösung, jeglichem Kompromiss. In der Suche nach dem einen Schuldigen, und das ist immer der andere, schrumpft jegliche Betrachtung von Konflikten und Krieg auf einen Moment des offensichtlichen Ausbruchs physischer Gewalt zusammen. Dies ist aktuell so bei der Fixierung der Öffentlichkeit auf den 24.02.2022, an dem die russische Invasion in die Ukraine begann, und auf den 07. Oktober 2023, an dem die Hamas Israel überfiel und dabei über 1200 Menschen tötete. Wenn nur der jeweils offensichtliche Ausgangspunkt kriegerischer Gewalt zählt, wenn jeglicher Blick auf Hintergründe, Zusammenhänge und Ursachen irrelevant wird, bleibt es bei der militärischen Eskalationsspirale.

Peter Wahl verwies auf einen EU-Bericht von 2009 zum Georgien-Krieg, der zur Aussage führte, dass eine friedliche und dauerhafte Lösung der Konflikte auf der uneingeschränkten Achtung der Souveränität und territorialen Unversehrtheit der Staaten und auf dem Völkerrecht einschließlich der Schlussakte der Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa in Helsinki fußen müsse. Heutige EU-Dokumente streichen eine derartig komplexe Herangehensweise.

Die Politik der israelischen Regierung fällt durch die militärische Logik der Betrachter völlig aus der Konfliktrezeption heraus; hier wie da – Ukraine – wird das einseitige Täter-Opfer-Muster in der Öffentlichkeit zur Legitimation selbst für Waffenlieferungen in Kriegsgebiete, und für die militärische Unterstützung von Kriegshandlungen, denen überwiegend Zivilisten zum Opfer fallen.

Sevim Dagdelen, Mitglied der neuen Gruppe im Bundestag der Partei BSW (sowie der gleichnamigen Partei), legte dar, wie sich die Bundesregierung zu den aktuellen Krisen und Kriegen verhält. Der in der Vorwoche beschlossene Bundeshaushalt für 2024 dokumentiert die Haltung der Bundesregierung in: Knapp jeder fünfte Euro des Bundeshaushaltes ist für die Bundeswehr und Rüstungsausgaben. Das sind zusammen ca. 90 Milliarden Euro, fast das dreifache (!) des Rüstungshaushaltes vor zehn Jahren. Es verwundert nicht, sondern es ist eine einfache Frage einfacher Mathematik: Für soziale Belange, für die Bundesbahn, die Schulen, für den sozialen Wohnungsbau, für Bürgergeld und Renten bleibt weniger Geld übrig, in all diesen Bereichen muss gekürzt werden. Der Haushalt 2024 ist ein Kriegshaushalt, so Dagdelen.

Andrej Hunko, Mitglied der neuen Gruppe im Bundestag der Partei BSW, sprach zu dem Thema „Wie versucht wird die Friedensbewegung zu deligitmieren“. Er führte aus, wie schnell sich Diffamierungen der Friedenbewegungen und ihrer Akteure verbreiten und zur Spaltung der Friedenbewegung führen. Es reiche mittlerweile, wenn ein:e Rechte(r) an Rande einer Friedensdemonstration gesehen wird um eine ganze Bewegung zu verunglimpfen. Die Medien spielen dabei eine nicht unwesentliche Rolle. Es würde oft mit unbestimmten Begriff der „Rechtsoffenheit“ gearbeitet. Statt konkrete Aussagen zu belegen, wird mit unscharfen Begriffen, Framing und Assoziationen gearbeitet. Diese Art von Diffamierung könnte vor keinem bürgerlichen Gericht standhalten.

Jutta Kausch von der Friedenskoordination Berlin (FRIKO) schilderte detailliert, wie es einer Friedensorganisation ergeht, wenn ihr öffentlich der Vorwurf der Rechtsoffenheit gemacht wird. Selbst bei Widerlegung der Vorwürfe wurde an den diffamierenden Aussagen festgehalten. Die eigentliche Hauptarbeit der Friedenskoordination sei fast zum Erliegen gekommen, da bewiesen werden mußte, dass diese Vorwürfe nicht zutrafen. Neue Mitglieder werden seit dem erst nach intensiver Prüfung in der FRIKO aufgenommen.

Vier Worksshops ermöglichten den Teilnehmer:innen differenzierter zu diskutieren. Aufgrund des begrenzten Platzes hier nur eine stichwortartige Berichterstattungn:

Der Workshop zum Ukraine-Krieg forderte die Einhaltung der Vorschrift aus dem 2+4-Vertrag über Deutschland. Die Signatarstaaten kamen überein, sich für eine Friedensordnung einzusetzen, die die Sicherheitsinteressen aller Staaten, auch die Russlands respektiert. Es ist offensichtlich, dass dies mit der Nato-Osterweiterung nicht zu vereinbaren ist; es ist hoch wahrscheinlich, dass der Ukraine-Krieg mittels der Einhaltung dieser Verpflichtung hätte vermieden werden können. Eine Lösung und damit ein nachhaltiger Frieden wird nur unter Einhaltung aller internationalen Verträge und Verpflichtungen aller Seiten möglich.

Zum Nahost-Konflikt sahen die Teilnehmer:innen nur eine Befriedungschance bei der Realisierung einer Zwei-Staatenlösung. Es wurde die Einhaltung der Uno-Menschenrechtsresolution gefordert und die mißbräuchliche Verwendung des Begriffs Antisemitismus kritisiert.

Der Workshop zum Thema „Friedenspolitische Grundsätze und Forderungen insbesondere an die Bundesregierung“ stellte fest, dass die Regierung eine lebensgefährdende Politik betreibt und mit der „Zeitenwende“ eine Gedankenwende mit dem Ziel der Wehrhaftigkeit und Kriegstüchtigkeit voran treibt. Verbot des Werbens fürs Sterben an den Schulen war eine Forderung.

Im Workshop „Die VVN in der Friedensbewegung – Bündnispolitische Grundsätze der VVN-BdA NRW“ wurde gefordert, dass eine Abgrenzung zu Rechten über Inhalte erfolgen soll. Bei dem Vorwurf der Rechtsoffenheit sollten die Quellen gründlich geprüft werden. Eine Zusammenarbeit mit der AfD und deren Mitgliedern wird grundsätzlich abgelehnt. Ebenso ein Kooperation mit der Partei Die Basis als Gesamtorganisation. Da das Meinungsspektrum innerhalb dieser Partei weit auseinander geht, ist je nach individueller Positionierung eine Zusammenarbeit mit einzelnen Mitgliedern dieser Partei möglich. Zur Stärkung der Friedensbewegung ist ein breiter Konsens zu suchen.