1. Januar 2018
Die Bestände des Hartmut-Meyer-Archivs gehen bis weit in die 1950er Jahre zurück. Gesammelt und ausgewertet werden Flugblätter, Zeitungen und Zeitschriften neofaschistischer und anderer extrem rechter Gruppierungen, Organisationen, Parteien und Verlage sowie Bücher aus dem gesamten deutschsprachigen Raum. Zudem gibt es eine umfangreiche Presseauswertung und eine (fast) vollständige Sammlung antifaschistischer Publikationen aus dieser Zeit. Darüber hinaus findet man eine Auswahl von Zeitungen, Zeitschriften und Büchern aus der NS-Zeit. Genutzt wird das Archiv auf vielfältige Weise: Für die Recherche nach einschlägig rechten Organisationen und Personen mit Lokal- oder Regionalbezug, für Berichterstattungen in den Medien, für die Erstellung von Broschüren und Büchern, für Arbeiten im wissenschaftlichen Bereich wie auch für die Suche nach Quellen im Rahmen von juristischen Auseinandersetzungen. Zusätzlich werten wir regelmäßig mehrere Dutzend einschlägig rechte Internetportale aus, um ideologische oder organisatorische Veränderungen im Spektrum der extremen Rechten möglichst frühzeitig zu erkennen. Im Gegensatz zum sog. „Verfassungsschutz“ beobachten wir dabei auch sehr genau die personellen und ideologischen Verbindungen der extremen Rechten zur sog. „Mitte der Gesellschaft“.
Der Ursprung des Archivs
Den Grundstock für das heutige Archiv bildet der Nachlass des 1992 viel zu früh verstorbenen Diplompädagogen Hartmut Meyer aus Bonn/Wuppertal. Hartmut Meyer, der dem damaligen Bundesausschuss der VVN-BdA angehörte, war ein brillanter Kenner der verschiedenen Spielarten faschistischer Ideologie und des Organisations- und Mediengeflechts der Grau- und Braunzone. Er hatte in den 1980er Jahren einen großen Anteil daran, dass die Einflussversuche von – insbesondere „nationalrevolutionären“ – Neofaschisten auf die Ökologie- und die damalige Friedensbewegung aufgedeckt und bekämpft werden konnten. Auf Grundlage der Arbeiten des Faschismusforschers Reinhard Opitz (1934-1986) setzte Hartmut die Erforschung der Ideologie der so genannten „Neuen Rechten“ fort und klärte in Hunderten von Vorträgen auf Konferenzen und Veranstaltungen über Ziele, Strukturen und Akteure der verschiedenen Spektren der extremen Rechten auf. Nach dem Tod Hartmut Meyers wurde sein Archiv von der „Neofaschismus-Kommission“ der VVN-BdA in Nordrhein-Westfalen übernommen und die Recherchearbeit fortgeführt. Im Laufe der Jahre ergänzten noch weitere Sammlungen die Bestände. So zum Beispiel zu Burschenschaften und anderen studentischen Verbindungen sowie zu den religiösen Fundamentalisten. Auch der Nachlass eines ehemaligen Wehrmacht-Offiziers, eines „Artamanen“ aus Hessen, gehört dazu.
Georg-Herde-Archiv
Vor einigen Jahren übernahm das Archiv auch die Bestände des verstorbenen Frankfurter Journalisten Georg Herde. Georg Herde hatte von 1958 bis 1980 den regelmäßigen Informationsdienst „Neue Kommentare“ herausgegeben und zahlreiche Zeitungsartikel, Broschüren und Bücher verfasst. Bereits 1951 hatte er zu den Gründern des „Westdeutschen Flüchtlingskongresses“ gehört, dessen Ziel es war, dem politischen Einfluss der gerade neu gebildeten Revanchistenverbände auf die Millionen Umsiedler aus den ehemals deutschen Ostgebieten etwas entgegen zu setzen. Georg Herde forschte und publizierte über die Einflussnahme der Revanchistenverbände auf die bundesdeutsche Politik und prangerte die NS-Vergangenheit führender Politiker und Funktionäre der „Vertriebenen“-Verbände an. Diese griffen Georg Herde in ihren Medien scharf an und zerrten ihn mehrfach vor Gericht, was ihn sogar für einige Wochen in ein Untersuchungsgefängnis brachte.
Archiv der Neofaschismus-Abteilung der VVN-BdA
Seit Anfang 2010 befindet sich auch das Archiv der Neofaschismus-Abteilung des Bundesverbandes der VVN-BdA, die bis 1990 tätig war, in unseren Beständen. Dazu gehören u.a. „Dienstalterslisten“ der SS und höherer Polizeioffiziere, Informationen über die verschiedenen SS- und Waffen-SS-Verbände sowie Dossiers über führende NS-Funktionäre. Auch die seit den 1950er Jahren erscheinende HIAG-Zeitschrift „Der Freiwillige“ ist hier zu finden.
Archivbestand
Das heutige Archiv umfasst etwa 160 Regalmeter Aktenordner, mehrere tausend Bücher sowie eine große Menge Zeitungen und Zeitschriften aus und über die verschiedensten Spektren der extremen Rechten. Geordnet sind diese nach Themengebieten wie zum Beispiel Revanchismus, Ökologie, Medien, Militaristenverbände, Esoterik/Sekten, Parteien, Bündische Jugend, Völkisch-Religiöse, Völkisch-Kulturelle, Nationalismus, Grauzone, Braunzone usw.
Ein Antiquariat mit antifaschistischen Büchern und Broschüren der letzten Jahrzehnte rundet unsere Aktivitäten ab. Hierzu kann eine Bücherliste auf der Webseite der VVN-BdA NRW heruntergeladen werden. So ist es zum Beispiel noch heute möglich, die „Neuen Kommentare“ Georg Herdes im Original zu erwerben.
Archivarbeit
Neben einer regelmäßigen Auswertung extrem rechter Publikationen, die der VVN-BdA zur Verfügung gestellt wird, veröffentlichen die MitarbeiterInnen des Archivs regelmäßig Beiträge auf der Internetseite der VVN-BdA NRW. Auch die Erstellung der Ausstellung „Keine Alternative! Eine kritische Auseinandersetzung mit der der AfD“ und die regelmäßige Aktualisierung der Ausstellung „Neofaschismus in Deutschland“ der VVN-BdA wird vom Hartmut-Meyer-Archiv aktiv unterstützt. Gesucht werden von uns ständig Materialien aus der extremen Rechten. Darüber hinaus freuen wir uns über gebrauchte Laptops und PCs. Das Hartmut-Meyer-Archiv wird lediglich auf ehrenamtlicher Basis geführt und ist auf Spenden und Recherchehonorare dringend angewiesen. Dazu wurde ein Förderkreis eingerichtet, über den regelmäßige Spenden für das Archiv geleistet werden können. Über neue UnterstützerInnen würden wir uns freuen.
Kontakt
Anfragen werden im Regelfall per E-Mail, postalisch oder per Fax beantwortet. Besuche sind möglich, müssen aber vorher vereinbart werden.
Hartmut-Meyer-Archiv c/o VVN-BdA NRW, Marktstr.165, 46045 Oberhausen
E-Mail: hm_archiv@yahoo.de
Spendenkonto: VVN-BdA, IBAN: DE29360100430330720435 BIC: PBNKDEFF