Aus Degussa/Degesch/Zyklon B wurde EVONIK

1. März 2019

Sponsoren für den Sport und für die Massenvernichtung

In die militarisierte Gesamtgesellschaft Deutschlands passten sich die IG Farben- und Degussa- wie Degesch-Nachfolger gut ein. Eine Betrachtung von Ulrich Sander

In mehreren deutschen Bundesländern wurden neue Polizeigesetze auf den Weg gebracht (in Bayern und NRW traten sie in Kraft), die z. B. in Bayern polizeiliche Befugnisse erweitern, „präventive“ Maßnahmen bis hin zur Haft ermöglichen und statt einer konkreten eine „drohende“ Gefahr zur Voraussetzung solcher Maßnahmen machen. Was noch zu beachten ist: Sie machen die Polizei einen weiteren Schritt militärischer, z.B. durch Veränderungen in der Bewaffnung.
Militarisiert wird auch die tägliche Außenpolitik. Europaweit wird Seenotrettung kriminalisiert, Schiffe der Hilfsorganisationen werden beschlagnahmt, für Gerettete finden die Crews meist erst nach wochenlanger Odyssee Aufnahme in einem Hafen. Die europäischen Außengrenzen werden inzwischen auch südlich der Sahara unter FRONTEX-Führung gesichert, die Staaten aus dem EU-Etat zur Armutsbekämpfung militärisch und polizeilich „ertüchtigt“, die ihnen zugewiesenen Aufgaben zu übernehmen.
Auch die Militarisierung im Innern darf nicht übersehen werden. Deutschlands Neue Rechte bleibt ihren Nazi-Traditionen treu, wie die Enthüllungen über ein mutmaßliches umfassendes Nazi-Netzwerk in Teilen des Staatsapparates und der Armee beweisen. Laut einem Bericht von Focus ermittelt das Bundeskriminalamt gegen eine informelle „Killertruppe“, die sich hauptsächlich aus deutschen Elitesoldaten und Polizisten in und außerhalb der Staatsstrukturen gebildet habe.

Eine neue „Schwarze Reichswehr“
Den Kern der mehrere Hundert Mitglieder umfassenden Verschwörertruppe sollen Elitekämpfer des Kommandos Spezialkräfte KSK bilden. Getreu ihrem Vorläufer, die „Schwarze Reichswehr“ (Focus), habe sie letztendlich die Errichtung einer faschistischen Diktatur in der Bundesrepublik in Vorbereitung. Es geht um generalstabsmäßig geplanten Massenmord an politischen Gegnern. Angetrieben durch einen „abgrundtiefen Hass“ auf Linke und Flüchtlinge seien Listen mit Lichtbildern und Adressen von Zielpersonen angelegt worden, die festgenommen, an einen bestimmten Ort gebracht und dort ermordet werden sollten.
Die Friedensbewegung enthüllt sehr oft, und das ist gut so, die aktuellen Entwicklungen in der deutschen Rüstungsproduktion, vor allem Rheinmetall sei hier das Stichwort. Doch es gibt auch die IG Farben Nachfolger, die hier zu nennen sind. Zum Beispiel EVONIK. Was produziert EVONIK? Nach einigen Stufen findet man auf derWebSeite des Konzerns die Auskunft: Plexiglas und anderes. Unter anderem ist EVONIK ganz zweifellos ein Rüstungskonzern. Und er rüstet Bundeswehr und Polizei aus.

EVONIK als Ausrüster von Polizei und Militär

Die Schilde, die uns (und auch den Fans, die mit dem EVONIK-BVB-Trikot herumlaufen) seitens der Polizei entgegengehalten werden, können durchaus von EVONIK stammen, die Knüppel auch, zumindest die Grundstoffe. Und in der Rüstung dürfte Plexiglas heute ebenso große Bedeutung wie Stahl haben. EVONIK gibt auf einer seiner Seiten bekannt: Wir sind wichtig im Fahrzeugbau und Maschinenbau, und dann wörtlich: „In der Schutzverglasung (Militär, Polizei, Einbruchsschutz …) kommen Plexiglas-Produkte ebenfalls häufig zum Einsatz.“
Und noch etwas ist zu beachten, wenn von EVONIK die Rede ist.
Ehemalige Finanziers Hitlers, Ausbeuterbetriebe von Zwangsarbeitern und Kriegsgewinnerfirmen beziehungsweise ihre Nachfolger, sie gehören zu den Förderern der AfD. Indirekt auch EVONIK.
Der Essener Konzern ist der Zusammenschluss von IG Farben Nachfolgern , von Degussa und der Ruhrkohle. Und auch von Degesch.
Degussa wurde vor einigen Jahren zu einer eigenen Firma, die im Goldgeschäft unterwegs ist. Die Süddeutsche Zeitung berichtete über die guten Beziehungen des Bankhauses von Finck und der Degussa zur AfD und ihrer Goldhandelsabteilung. Degussa bedeutete „Gold- und Silberscheideanstalt“; sie vermarktete einst das Zahngold aus den Vernichtungslagern und lieferte über die Tochterfirma Degesch – ausgeschrieben „Deutsche Gesellschaft für Schädlingsbekämpfung“ – das Zyklon B für die Gaskammern zum Beispiel in Auschwitz.
Über Finck berichtete die „Welt“: Er unterstützt den Wahlkampf der AfD, u.a. durch seine neuen Anteile an Degussa.

Wiederholt sich die Geschichte?

Nach 1945 wurden einige wenige industrielle Förderer der Nazis als Kriegsverbrecher angeklagt. Sie kamen bald wieder frei; Krupp und Flick bekamen ihr Vermögen zurück. Krupp schwor, nie wieder an der Aufrüstung mitzuwirken, heute bettelt der Konzern Thyssen-Krupp um Aufträge im U-Boot-Bau. Von Finck senior wurde im Krieg und danach einer der reichsten Bankiers mit dem größten Geld- und Grundstücksvermögen. Sein Sohn ist nun wieder dabei, wenn es gilt,  ultrarechte Kräfte zu fördern.
Dazu sollte aber auch gefragt werden: Wer da die Büchsen mit dem Zyklon B anwandte, kann der noch bestraft werden? Ja, das entnehmen wir den Prozessen gegen hochbetagte KZ-Aufseher. Aber wer sie herstellte und lieferte, der nicht? Es lieferte unter anderem die IG Farben, noch heute gibt es die Nachfolger der IG: Bayer und Evonik. IG Farben und Degussa betrieben gemeinsam Degesch, den Zyklon B-Hersteller; Nachfolger von Degussa ist, wie wir sahen, EVONIK (Essen). Und der Name dieses Nachfolgekonzerns der Täter steht auf den Trikots vieler tausend Sportfreunde in Dortmund, wenn der BVB spielt. Niemand denkt sich etwas dabei.
Sollte man sich nicht genauer damit befassen? Und sollte man nicht genauer hinsehen, wenn einem die Degussa-Gold-Werbeprospekte ins Haus flattern. Wer dort Gold kauft, fördert die AfD.
Mord verjährt nicht – oder doch, wenn der Mörder eine große Firma ist? Ein Sponsor im Sport und ein Profiteur an der Rüstung.

Ulrich Sander