Antifaschistinnen und Antifaschisten organisieren sich in Soest

3. November 2021

Der angedrohte Entzug der Gemeinnützigkeit hat der VVN-BdA, der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten eine überwältigende Unterstützungswelle, zahlreiche Solidaritätserklärungen aus dem In- und Ausland und viele neue Mitglieder beschert. Inzwischen ist klar: Das Engagement gegen Rechtsextremismus ist und bleibt gemeinnützig!

Unter den neuen Mitgliedern sind auch viele, die sich aktiv beteiligen wollen. Der Initiative neuer Mitglieder ist es zu verdanken, dass auch im Kreis Soest, in der bislang keine eigene Kreisorganisation besteht, eine solche gegründet werden soll. Daher freut sich die Landesvereinigung NRW alle Mitglieder aus Soest und Umgebung zu einer Mitgliederversammlung einzuladen.

Diese findet am 19. November 2021 um 19 Uhr im Kulturhaus Alter Schlachthof, Ulrichertor 4, 59494 Soest statt. Für die Landesvereinigung NRW wird Knut Maßmann vor Ort sein. Es gilt die 3G-Regel.

hma-meldungen 21-2021

31. Oktober 2021

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Themen: Muezzin-Rufe in Köln // AfD-NRW sucht Tagungsort // Tagung zum 100.Geburtstag von Herbert Gruhl // EIKE-Konferenz in Gera

Debatte um Muezzin-Rufe in Köln

Köln. In den Medien der extremen Rechten hat die Meldung, dass künftig Kölner Moscheen den öffentlichen Muezzin-Ruf zum Freitagsgebet beantragen können, hohe Wellen geschlagen. Dabei hat bislang noch keine Moschee dies beantragt. Bereits am 16.Oktober hatte ein Häuflein von AfD-Unterstützern ihr „klares NEIN zu den Muezzin-Rufen in Köln“ auf die Straße getragen. In einem am 27.Oktober auf der rechten Internetseite „journalistenwatch“ erschienenen Artikel kündigte Eberhard Kleina, Mitglied der islamophoben „Bürgerbewegung Pax Europa“ (BPE), weitere Proteste vor Ort an. BPE habe für Samstag, den 30.Oktober, eine Mahnwache am Kölner Hauptbahnhof (Domseite) angekündigt. Das Motto: „Demokratie und Menschenrechte schützen! NEIN zum Muezzinruf!“. Die Veranstaltung soll von 11 bis 15 Uhr stattfinden (hma).

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Gegen das Versammlungsgesetz NRW – Demonstration in Köln am 30.10.

27. Oktober 2021

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Das geplante Versammlungsgesetz für NRW ist noch nicht abschließend beraten und beschlossen. Es gibt weiterhin scharfe Kritik an den Inhalten des vorgelegten Entwurfes. Nach zwei Groß-Demonstrationen mit insgesamt über 10.000 Teilnehmer:innen in Düsseldorf wird das NRW-weite Bündnis „Versammlungsgesetz NRW stoppen“ am 30.10. in Köln demonstrieren. Der Protest unterstreicht nochmals die Kritik an den Inhalten des geplanten Gesetzes und zeigt auch die Breite des gesellschaftlichen Protestes: Gewerkschaften, Klimaaktive, Antifaschist:innen, Parteien, Fußball-Fans, Friedensaktive gehen gemeinsam gegen das Gesetz auf die Straße und treten für ein Grundrecht ein, das die CDU/FDP-Koalition in NRW massiv einschränken will. Alle aktuellen Informationen zur Demonstration in Köln (hier).

Auch die VVN-BdA NRW ruft zur Teilnahme auf. Bereits am 30. Januar 2021 hatten wir uns mit nachfolgender Pressemitteilung an die Öffentlichkeit gewandt:

„Die VVN-BdA NRW lehnt das geplante Versammlungsgesetz der von CDU und FDP geführten Landesregierung in der vorliegenden Form ab. Als Teil der größten antifaschistischen Organisation der Bundesrepublik Deutschland, 1946 von den Überlebenden der Konzentrationslagern und des Holocaust in Düsseldorf gegründet, sehen wir in diesem Gesetzesentwurf die Gefahr, in Zukunft nicht mehr gegen den aktuell immer stärker werdenden Rechtsextremismus demonstrieren zu können. Sollte dieser Entwurf verabschiedet werden, würde bereits ein Aufruf zur gewaltfreien Blockade von Aufmärschen neofaschistischer und rechtspolulistischer Parteien und Gruppierungen unter Strafandrohung von bis zu zwei Jahren gestellt werden. Auch angemeldete Gegendemonstrationen wären davon betroffen. Gewinner wären nur rechte Parteien und Gruppierungen.

Nach der Verschärfung des Polizeigesetzes 2018 geht NRW mit diesem Gesetzentwurf einen weiteren Schritt in Richtung Polizeistaat. Gegenüber Veranstalter:innen, Versammlungsleiter:innen, Order:innen und Teilnehmenden werden Hürden und eine strafbewehrte Drohkulisse aufgebaut, die offenbar vor der Anmeldung und Durchführung von öffentlichen Kundgebungen abschrecken oder diese zumindest erschweren soll. Davon wären dann nicht nur antifaschistische Kundgebungen betroffen, sondern auch Kundgebungen beispielsweise der Friedens-, Umwelt- und Klimabewegung, wie z.B. „Fridays for Future“ oder „Ende Gelände“.

Der Gesetzentwurf schreibt vor, dass in der Einladung zu einer öffentlichen Versammlung der Name des Veranstalters oder der Veranstalterin anzugeben sei. Dies bedeutet faktisch, dass die anmeldende Person einer antifaschistischen Demonstration den Nazis zum Fraß vorgeworfen wird. Ferner soll aus jedem Grund, den die Polizei als „Gefahr für die öffentliche Sicherheit“ annimmt, eine Liste mit Namen und Adressen der Ordner herausgeben werden müssen, unabhängig davon, ob die Gefahr aus der eigenen Demonstration oder von anderen Umständen ausgeht. Auch weitere Einschränkungen wie das sogenannte „Militanzverbot“, die Einrichtungen von Kontrollstellen oder die Erleichterung von Teilnahmeuntersagungen gegenüber einzelnen Personen ohne versammlungsbezogenen Anlass eröffnen Tür und Tor für willkürliche Entscheidungen der Polizei. Nicht überraschen kann in diesem Zusammenhang der Ausbau der Videoüberwachung.

Die Möglichkeit zu friedlichen Blockadeaktionen ist eine ebenso wichtige und legitime Protestform. Das Recht, unerkannt an öffentlichen Formen des Protests und der Meinungsäußerung teilzunehmen ist für eine demokratische und pluralistische Gesellschaft nicht verhandelbar. Sollte dieser Gesetzentwurf so verabschiedet werden, würden erfolgreiche Gegendemonstrationen gegen die rechte Szene nur noch unter hohen persönlichen Risiken für die Beteiligten stattfinden können – oder eben gar nicht mehr. Damit würde das Versammlungsgesetz die Straße für Neofaschisten und Rechtsextremisten frei machen.“

Antifaschistinnen und Antifaschisten gegen NATO-Cyber-Kriegszentrale in Bochum

25. Oktober 2021

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Mitten im Ruhrgebiet, auf dem ehemaligen Opel-Gelände in Bochum, soll eine „NATO Kommunikation und Informations-Agentur“, NCIA angesiedelt werden. Diese Einrichtung soll die für die moderne Kriegsführung notwendigen Internetverbindungen der NATO vor Cyberattacken schützen – und auch selbst Cyberattacken durchführen. Dagegen regt sich Protest in Bochum und auch in anderen Städten des Ruhrgebietes, in denen man nicht zur Zielscheibe eines Angriffes werden will. Denn das Web wird neben Land, See, Luft und Weltraum inzwischen zur fünften Ebene moderner Kriegsführung.

„Nie wieder Faschismus! Nie wieder Krieg!“ gehört für Antifaschistinnen und Antifaschisten zusammen. Daher ruft die VVN-BdA NRW dazu auf, an der Protestkundgebung am Freitag, 5. November 2021 um 17.00 Uhr auf dem Dr.-Ruer-Platz in der Bochumer City zahlreich teilzunehmen. Dort sprechen Michael Müller (Naturfreunde), Sevim Dagdelen (DIE LINKE), Christoph Marischka (Informationsstelle Militarisierung IMI), Felix Oekentorp (DFG-VK) und Wolfgang Dominik (Anwohner). Vertiefende Informationen dazu gibt anschließend Christoph Marischka ab 19 Uhr bei ver.di Bochum, Universitätsstraße 76.

Wer sich zuvor über die Hintergründe informieren will, kann das am Donnerstag, 28. Oktober 2021 ebenfalls in Bochum auf der Infoveranstaltung „Das Schlachtfeld der Zukunft – Die strategische Bedeutung von Cyberwaffen für das Militär“ mit dem Informatiker Prof. Dr. Hans-Jörg Kreowski (Universität Bremen und Forum InformatikerInnen für Frieden und gesellschaftliche Verantwortung) ab 18 Uhr im Kulturzentrum von DIDF, Rottstraße 30 tun.

Weitere Informationen finden sich auf der Seite der Deutschen Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen DFG-VK (hier klicken).

75 Jahre VVN-BdA NRW – Feier verschoben

23. Oktober 2021

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Am 26. Oktober 1946 wurde in Düsseldorf die VVN Nordrhein-Westfalen gegründet. Aus diesem Anlass hatten wir ursprünglich für dieses Wochenende, 23./24. Oktober 2021, eine große Veranstaltung im Zentrum Altenberg in Oberhausen geplant. Diese sollte insbesondere auch die vielen neuen Mitglieder ansprechen, die im Zuge des Entzugs der Gemeinnützigkeit aus Solidarität Mitglied der VVN-BdA geworden sind.

Doch leider machte uns die Entwicklung der Corona-Pandemie einen Strich durch die Rechnung. Nachdem wir im nächsten Schritt eine etwas kleinere Veranstaltung geplant hatten, haben wir schließlich beschlossen, die Veranstaltung ganz zu verschieben, da Kosten und Nutzen in keinem Verhältnis zueinander gestanden hätten.

In seiner heutigen Sitzung hat nun der Landesausschuss, in dem die Vertreter der Kreisvereinigungen aus NRW vertreten sind, beschlossen, die Veranstaltung auf den Juni 2022 zu verschieben. Bis dahin hoffen wir eine interessante Veranstaltungen für neue und alte Mitglieder der VVN-BdA NRW und für alle, die uns in unserem Kampf um die Gemeinnützigkeit unterstützt haben, auf die Beine zu stellen und auch durchführen zu können.

Grete-Kusber-Platz in Gronau eingeweiht

22. Oktober 2021

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Ortwin Bickhove-Swiderski spricht über Grete Kusber in Gronau zur Platzeinweihung.

Wir dokumentieren die Ansprache von Ortwin Bickhove-Swiderski, DGB Kreisvorsitzender von Coesfeld und Mitglied des geschäftsführenden Landesvorstands der VVN-BdA NRW anlässlich der Einweihung des Grete-Kusber-Platzes in Gronau am 08.10.2021. Wir freuen uns zugleich über das Engagement von Sahin Aydin, dessen Recherchen und Veröffentlichung zu Grete Kusber zur Benennung des Platzes geführt haben. Weiterführende Informationen finden sich am Ende des folgenden Textes.

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
liebe Genossinnen und Genossen,
meine sehr geehrten Damen und Herren.

Für die freundliche Einladung zu dieser Gedenkveranstaltung darf ich mich recht herzlich bedanken.
Margarete Kusber kam am 1. August 1907 als Tochter von Carl Schmerzenreich-Domke und seiner Frau Elli in Berlin zur Welt. Grete besuchte die Volksschule in Dortmund. 1922 zog die Familie nach Gronau. Gearbeitet hat sie zuerst bei der Familie Gerrit van Delden als Hausmädchen. Ab 1924 war sie als Textilarbeiterin tätig.
Zu einem Zerwürfnis mit der ev. Kirche und einem Kirchenaustritt trug diese nachfolgende Geschichte bei.
Grete sollte bei einer Tagung den älteren Teilnehmern Streuselkuchen geben und den Kirchenangehörigen ein Stück Torte.
Grete machte es genau umgekehrt, den Kirchenangehörigen den Streuselkuchen und den älteren Menschen die Torte. Der Kirchenaustritt erfolgte am 28. März 1931.
Grete Kusbar muss eine sehr politisch geprägte Person gewesen sein. Im Jahre 1928 trat sie in die KPD ein.
Die KPD versuchte mit allen politischen Mitteln, aber manchmal auch mit Straßenschlachten und Saalschlachten die aufkommende NSDAP kleinzuhalten.
Dabei brachten die KPD Genossen große persönliche Opfer. Die KPD hatte um 1930 ca. 330.000 Mitglieder. Ab 1933 bis 1945 befand sich die KPD in der Illegalität.
Mit vorbereiteten Mitgliederlisten durchsuchte die NSDAP schon am Abend des Reichstagsbrandes am 27. Februar 1933 die Wohnungen der bekannten KPD Mitglieder. Um 21 Uhr brannte der Reichstag, wenige Minuten später waren Hitler, Göring und von Papen (der Steigbügelhalter des Faschismus aus Dülmen) direkt vor Ort. Hitler wurde ebenso wie von Papen Dülmener Ehrenbürger.
An dem Abend des Reichstagsbrands wurden allein in Berlin 1500 KPD Genossen verhaftet. In der Zeit von 1933-45 wurden ca. 180.000 KPD Mitglieder inhaftiert und verhört. Ca. 30.000 Genossen wurden in den Kerkern, Konzentrationslagern und den Gestapo Polizeigefängnissen zu Tode geprügelt.
Keine andere politische Partei brachte so große Opfer. Verfolgt wurden natürlich auch SPD, Gewerkschafter, Sinti und Roma und Homosexuelle.
Bei der Reichstagswahl 1933 erreichte die KPD 89 Mandate. Die KPD war in fast allen Kommunalparlamenten vertreten.
Grete leistete aktiven Widerstand und wurde durch ihre KPD als Kurierin eingesetzt. Politische Schriften wurden in einem Kinderwagen über die niederländische Grenze befördert.
Dieser Einsatz bedeutete, einer permanenten Lebensgefahr ausgesetzt zu sein.
Die Morgensternsiedlung wurde von SA- und SS Leuten umzingelt. Sie wurde hier per Haftbefehlt gesucht. Ein eher ungewöhnlicher Vorgang, denn sonst wurden KPD Mitglieder einfach in Schutzhaft genommen. Ohne je einen Haftbefehl gesehen zu haben.
Angegeben wurde auf diesen Haftbefehlen immer Vorbereitung zum Hochverrat. Bei einer SA Aktion am 7.7.1936 wurde ihre Mutter und ihr Stiefvater festgenommen und auf der Gronauer Polizeiwache gefoltert.

Während der Vorbereitung der Platzeinweihung.

Grete schloss sich dann in der Zeit von 1936 bis 1940 dem niederländischen Widerstand an. Die niederländischen Genossen rieten ihr, sich einen alias Namen zuzulegen. Krete Kusber war in dieser Zeit Maria Beelmann wohnte auf der Burmanstraat im Amsterdam Ost III. Selbstverständlich war sie in der niederländischen Kommunistischen Partei tätig.
Tatsächlich wurde Grete am 25. 06. 1940 durch die Gestapo nach Hamm gebracht und dort verhört. Heute können wir sagen, es war ihr persönliches Glück oder Geschickt, dass die Gestapo nichts aus ihr herausquetschen konnte. Somit kam es nicht zu Anklage. Die Richter in Hamm verhängten mehr Todesurteile als der bekannte Volksgerichtshof unter dem Blutrichter Freisler.
Auch nur festgestellt, nach 1945 wurde kein Richter aus der NS Zeit für seine Fehlurteile abgeurteilt. Ein völliges Versagen der braunen Richter. Viele von ihnen wurden nach 1945 mit besser besoldeten Funktionen in dem Richterdienst übernommen. Wäre es zu einer Anklage gegen Grete gekommen, wäre das Urteil entweder 15 Jahre Zuchthaus, Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte oder möglicherweise die Todesstrafe gewesen.
Am OLG Hamm wurden in der Zeit von 33-1945 ca. 15.000 Verfahren gegen politische Personen wegen Hocherrat durchgeführt. Das Ergebnis waren in der Regel lange Haftstrafen. Es wurden in Hamm 350 Todesurteile ausgesprochen, kein anderes Gericht, auch nicht der berüchtigte Volksgerichtshof in Berlin urteilte mehr Menschen zum Tode ab.
Am 9.1.1941 wurde Grete aus der Haft entlassen und tauchte in der illegalen Wohnung des Musikers Günter Irasky hier in Gronau ab.
Sofort nach 1945 nahm Grete die politische Arbeit wieder auf. Sie arbeitete in der KPD mit, der Roten Hilfe, einer Organisation die politischen Gefangenen aus dem linken Spektrum hilft. Weitere Arbeitsschwerpunkte waren die Gewerkschaft Textil Bekleidung, die heute in der IG Metall aufgegangen ist und der AWO.
Grete war auch Mitglied der VVN. Die Adenauer Regierung ließ gleich ab 1950 eine Hetze auf Linke und die KPD Mitglieder freien Lauf. Die Freie Deutsche Jugend wurde verboten. Die VVN sollte verboten werden. Der Antrag scheiterte kläglich, weil in der Verhandlung ein VVN Landessekretär August Baumgarte der selbst jahrelang Insasse eines KZ war, dem Vorsitzenden Richter Fritz Werner des Bundesverwaltungsgerichts ( er war ab 1933 NSDAP Mitglied und hoher SA-Führer) in öffentlicher Sitzung seine NSDAP und SA Mitgliedsnummer entgegen schleuderte. Es wurde von der VVN ein Befangenheitsantrag gestellt. Die Kammer zog sich zur Beratung zurück. Das Verfahren wurde nie mehr eröffnet und über den Befangenheitsantrag nie entschieden. Somit wurde die VVN nicht verboten.
Die KPD wurde verboten. Die Adenauer Regierung übte auf die Richter Druck aus. Es kam zu urteilen, die nicht nachzuvollziehen sind. So wurde das KPD Mitglied Herbert Wilns aus Hagen, zu 7 Jahren Zuchthaus verurteilt, weil er angeblich das Lied der FDJ gepfiffen haben soll.
Auch nur am Rande angemerkt, die Verfahrensakten gegen die KPD wurden dann für 30 Jahre für die Öffentlichkeit und die Forschung gesperrt. Die KPD wurde am 17. August 1956 verboten. Das Vermögen von ca. 4,5 Millionen DM eingezogen und ca. 200 Parteibüros sofort geschlossen. Alle KPD Mitarbeiter verhaftet.
Der unabhängige Historiker Josef Foschepoth, Freiburg durfte dann die Akten im Jahre 2017 auswerten. Er kam zu dem Ergebnis, die KPD hätte nicht verboten werden dürfen. Es ging damals nicht alles mit rechtsstaatlichen Mitteln zu.
1956 wurde Grete Kusber mit der Ehrennadel der KPD ausgezeichnet.

Die Enthüllung der Gedenktafel mit (vlnr) Vera Kusber, Sahin Aydin, Bürgermeister Rainer Doetkotte, Ortwin Bickhove-Swiderski.

Im Jahre 1968 gründete sich die DKP als Nachfolgerin der KPD. Grete war sofort dabei und übernahm in der DKP wichtige Funktionen. Und wieder wurden mit dem sog. Radikalenerlass die DKP Mitglieder verfolgt. Ca. 3.000 Mitglieder der DKP die ja nicht verboten ist, wurden Opfer der Berufsverbote. Sie wurden aus dem öffentlichen Dienst entfernt. Begründung, sie, die DKP Mitglieder könnten keine Gewähr für die freiheitliche demokratische Grundordnung gewährleisten.
Selbst vor wenigen Tagen ging die Hetze gegen die DKP weiter, der Bundeswahlleiter wollte die DKP nicht zu den BT-Wahlen zulassen. Begründung, die Rechenschaftsberichte seien durch die DKP zu spät eingereicht worden.
Die DKP konnte am Bundesverfassungsgericht die Teilnahme an den BT-Wahlen durchsetzen.
Wer Mitglied der DKP war, musste natürlich auch die DDR verteidigen. Heute wird pauschal ausgeführt, die DDR war ein Unrechtsstaat.
Wirklich ein Unrechtsstaat, wenn die Miete für drei und mehr Zimmer bei 40 DDR-Mark warm gelegen hat. Keine Arbeitslosigkeit, also Vollbeschäftigung. Der entscheidende Punkt, war und ist aber die Enteignung der Produktionsmittel. Also keine Kapitalisten die Menschen ausbeuten. Und noch ein wichtiger Punkt, der Kopf- und der Handarbeiter bekamen 1.200 DDR-Mark.
Also eine Anerkennung der jeweiligen Leistung. Im Kapitalismus unvorstellbar. Ein west-deutscher Oberarzt soll jetzt das gleiche Entgelt bekommen wie der Straßenbauer? Die Frage ist, wer bewertet welche Tätigkeit mit welchem Entgelt.
Wenn diese oder andere Gründe für die DDR vorgetragen wurden, kam oft als Reaktion des Gegenüber – dann hau doch ab nach drüben!
Stolpersteine sind für die Familie Kusber verlegt worden. Zu den Stolpersteinen gibt es auch einige Anmerkungen zu machen. Gunther Demning aus Köln betrachtete seine Stolpersteine als ein Kunstopjekt. Kunst wird in der BRD mit 7 % MWST belegt. Im Düsseldorfer Finanzministerium kamen aber zwei Finanzbeamte nach einer Prüfungszeit von vier Jahren zu diesem Ergebnis.
Da die Steine mit einem billigen Messingblech überzogen sind, ist es als Ware anzusehen. Der andere Finanzbeamte wartete mit diesem Vorschlag auf, da ja der Stolperstein aus dem Boden genommen wird, ist es eine Bautätigkeit und diese muss mit 19 % besteuert werden. Bei 32.000 verlegten Stolpersteinen wurde schnell noch die Differenz von 7 zu 19 % MWST errechnet und Gunther Demning eine Nachzahlung von einigen hunderttausend Euro per Steuerbescheid zugeschickt.
Dem damaligen NRW Finanzminister Norbert Walter Borjans (SPD) wurde es dann zu bunt, er stoppte persönlich die übereifrigen Finanzbeamten seines Hauses. Heute werden die Stolpersteine weiter mit 7 % besteuert. Ein Stolperstein kostet heute ca. 135 Euro.
Der künstlerische Ansatz des Künstlers Demning war aber dieser. Wenn du vor dem Stolperstein stehst, beugst du dich nach vorne, um den Namen des Verfolgten, des Widerstandskämpfers des ermordeten zu lesen. Damit verbeugst du dich vor ihm.
Die stellv. Vorsitzende des Zentralrates der Juden in Deutschland Scharlotte Knobloch sieht es völlig anders. Es wird auf den Stolperstein getreten, der Stolperstein wird beschmutzt oder mit Farbe beschmiert.
Damit wird so aus ihrer Sicht, der Verfolgte, der Widerstandskämpfer oder der ermordete noch einmal verunglimpft. Sie hat in München politisch durchsetzen können, dass dort bis heute kein Stolperstein verlegt worden ist.
Wir begehen aber heute die Einweihung und Eröffnung des Grete Kusper Platzes. Somit wird uns Grete immer Mahnung und Ansporn zugleich sein.
Grete verstarb am 31.10.1987 in Gronau, die Beerdigung erfolgte am 4. November auf dem neuen evangelischen Friedhof an der Gildehausstraße.

Grete wird somit in unseren Herzen und Köpfen als politisches Vorbild mit einem aufrechten Gang weiterleben.
An dieser Stelle möchte ich die Tochter von Grete Kusper, Frau Vera Kusber herzlich begrüßen.
Sie mögen jetzt bei meinen Vortrag gedacht haben, was erzählt der Kollege aus Dülmen da so alles über meine Mutter.
Ich möchte meinen kleinen Vortrag mit einem Hinweis auf die Archivarbeit beenden. Das Stadtarchiv in jeder Stadt ist das Gedächtnis der Stadt. Wir konnten nur mit Hilfe des Stadtarchivs und hier herzlichen Dank an den Stadtarchivar Herrn Lippert der dieses zusammentragen hat.
Die Geschichte der KPD in Gronau ist noch nicht geschrieben. Hier wohnte auch der damalige KPD Parteisekretär Rudolf Frey.
Aber auch die Gründungsgeschichte der Gronauer SPD muss überprüft werden. Hugo Bork der hier zu den Gründern und Unterstützern der SPD gehörte, war in Wolfsburg der Betriebsratsvorsitzende bei VW. Die Familie Bork war immer mit der SPD in Gronau verbunden. Er vor einigen Jahren wurde bekannt, dass Hugo Bork Mitglied der NSDAP war. Er wurde mit den höchsten Orden dieser Republik geehrt und Straßen und Plätze wurden in Wolfsburg nach ihm benannt.
Wir möchten die Schulen und die politischen Parteien auffordern die NS Zeit in Gronau aufzuarbeiten. Die damaligen Täter sollen beim Namen genannt werden.
Wir sagen immer, nur wer die Vergangenheit kennt – kann die Zukunft gestalten.
Hier ist aus dem Archiv der VVN ein Antrag auf Entschädigung von Grete Kusbar erhalten geblieben.
Dort steht, die Täter sind nicht bekannt.
Die heutigen politischen Täter und politischen Brandstifter sind aber bekannt, sie heißen Höcke, Gauland, Weigel usw. usf. auch ihre Partei ist bekannt, die sammeln sich in der AfD. Höcke darf man sogar nach einem Urteil des Verwaltungsgerichts Meiningen einen Faschisten nennen.
Höcke war bevor er ein Landtagsmandat bekam, Lehrer für Politik an einem Gymnasium. Der Staat unternahm nichts, Herr Höcke war somit immer auf dem Boden der freiheitlichen Grundordnung angesiedelt. War er das wirklich?
Leider war auch hier der Verfassungsschutz auf dem rechten Auge blind. Wir fordern ein, dem Faschisten Höcke seine Pensionsansprüche sofort zu streichen, weiter muss er sofort aus dem Staatsdienst entlassen werden. Bei Beamten gibt es ein Disziplinarrecht, dieses Disziplinarverfahren muss gegen Höcke durchgeführt werden.
Uns ist völlig neu, dass Faschisten die Garanten für den Rechtsstaat sind.
Uns ist völlig neu, das Faschisten eine Gewähr für den Rechtsstaat sind.
Auch nur angemerkt, gegen einen Landtagsabgeordneten kann kein Disziplinarverfahren durchgeführt werden. Somit wurden die Anträge gegen Höcke tätig zu werden abgelehnt.
Wir sollten gemeinsam als Demokraten gegen die AfD Stellung beziehen. Im Parlament aber auch im Betrieb in der Verwaltung und im persönlichen Gespräch.
Wir sollten gemeinsam im Sinne von Grete Kusbar tätig bleiben.
Wir möchten uns bei allen bedanken, die zum Gelingen dieser Festveranstaltung beigetragen haben.
Besonders möchten wir uns bei dem Kurdisch-Deutschen Freundschaftskreis e.V. bedanken, stellv. für alle Aktivisten sei Kollege Sahin Aydin erwähnt.
Nie wieder Faschismus – nie wieder Krieg.
Danke und Glück auf.

Anmerkung
Die Darstellung zu Grete Kusber beruht auf die Recherche und Veröffentlichung von Şahin Aydın:
Şahin Aydın: Eine Familie – ein Kampf für die Menschlichkeit … gegen Faschismus und Krieg. Politische Biografien, Gronau/Westfalen 2015 (Link)

Der „Bienenstock“ von Zedelgem (Belgien) – oder „Fliegen um einen Scheißhaufen“

14. Oktober 2021

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Foto: Privatbesitz.

Zedelgem in Belgien in der Region Flandern mit ca. 22.800 Einwohnern. Brügge liegt 8 km nordöstlich, Oostende an der belgischen Küste 18 km nordwestlich. Gegen Ende des Zweiten Weltkrieges war in diesem Orte ein Kriegsgefangenenlager mit bis zu 60.000 Gefangenen der Wehrmacht und der Waffen SS. Die jetzige Bürgermeisterin ist Frau Annick Vermeulen.

Es wurde im Jahre 2018 in Zedelgem ein Denkmal errichtet. Das Denkmal steht auf einem Friedensplatz und zeigt einen Bienenstock. Im Jahre 1945 hatte die Gemeinde ca. 2.000 bis 3.000 Einwohner. Auf der Gedenktafel wird nicht an die große Anzahl der Kriegsgefangenen erinnert, sondern es wird nur über lettische Kriegsgefangene berichtet. Dabei wurde wohl aus politischen Gründen verzichtet, darauf hinzuweisen, dass es sich dabei um Angehörige der lettischen Waffen SS handelt.

Interessant ist auch, dass die Konzeption dieses Denkmales mit dem lettischen Besatzungsmuseum entwickelt worden ist. Nachdem sich internationaler und nationaler Widerstand formiert hatte. Trat der in der Gemeinde Zedelgem zuständige Beigeordnete für Denkmalschutz Jurgen Dehaemers wurde von seiner Funktion „zurück“. Die Gemeinde selbst versuchte die Gemüter, mit einer zusätzlichen Erklärung zu diesem Denkmal, zu besänftigen. Seit 2018 regt sich breiter Widerstand gegen dieses Denkmal und die Verharmlosung der SS-Verbrechen. Veteranen und antifaschistische Organisationen aber auch die jüdische Gemeinde in Belgien und einige Abgeordnete des belgischen Parlaments fordern die Beseitigung dieses Schandmals.

Foto: Privatbesitz.

Nach wie vor erhalten ehemalige belgische Mitglieder der Waffen-SS Renten aus dem Topf der Deutschen Rentenversicherung. Es sind ca. 30 Männer, alle über 90 Jahre, sie erhalten Zusatzrenten von 425 bis 1275 Euro je Monat. Dagegen erhalten Belgier, die während des Zweiten Weltkrieges in Deutschland als Zwangsarbeiter waren, eine Entschädigung von 50 Euro im Monat.

Erstaunlich ist auch die Geschichtsklitterung, mit diesem Denkmal sollen die Angehörigen der lettischen Waffen SS zu „Freiheitskämpfern“ deklariert werden. Die VVN-BdA stellt fest, die Waffen-SS ist eine verbrecherische Organisation. Eine große Anzahl von Belgiern scheint vergessen zu haben, dass sie auch Opfer der faschistischen Besetzung durch die Wehrmacht gewesen sind.

Eifrige belgische Beamte der Stadtverwaltung in Zedelgen denken jetzt darüber nach, eine Änderung des Namens dieses „Freiheits“-Platzes, auf dem sich der Bienenstock befindet, die Beschilderung des Denkmals abzuändern.
Auch die jüdische Gemeinde ist empört. „Wir können nicht verstehen, warum hier ein Denkmal zum Ruhm von SS-Kämpfern aufgestellt worden ist“. Es sollen nicht Bienen um einen Bienenstock sein, sondern Fliegen um einen Scheißhaufen.“ Die jüdische Gemeinde bedauert auch, dass es nur zwei französisch sprechende Parlamentarier gibt, die diesen Vorgang im Parlament angesprochen haben. Eine wirkliche Debatte hat es dazu nicht gegeben. Die Historiker aus Flandern sagen, „an einer wirklichen Aufarbeitung der Geschichte Flanderns in der NS-Zeit besteht, ebenso wie in Deutschland wenig, bis kein Interesse.“

Kritik gibt es auch am Denkmal selbst. Die Biene ist ein fleißiges und soziales Insekt, das für das Überleben von Mensch und Natur wertvoll ist. Aber Angehörige der Waffen-SS waren nicht „wertvoll“, sondern haben brutal gegen Zivilisten und politisch Andersdenkende dreingeschlagen.

Somit ist die nachfolgende Initiative zu begrüßen. Am Sonntag, dem 15. August 2021 haben sich verschiedene Organisationen getroffen. Von belgischer Seite nahmen Vertreter der Groupe Mémoire, Belgians Remember Them, ein Mitglied belg. Partei Groen und Loic Nicolas, 1. Sekretär des ehemaligen Staatsministers für das öffentliche Amt und Verteidigungsminister A. Flahaut (Mitglied der Parti Socialiste) und von deutscher Seite Vertreter_in der VVN-BdA Kreisvereinigung Aachen (Detlef Peikert, Jean-Francois Maréchal, belg. Staatsbürger) und das VVN-BdA Vorstandsmitglied aus NRW Silvia Rölle teil. Ulrich Schneider, Generalsekretär des FIR war verhindert. Das gemeinsame Ziel – die Entfernung dieses „Ehrenmals“.

Ein altes chinesisches Sprichwort sagt, jede große Reise beginnt mit einem kleinen Schritt. Dieser ist nun gemeinsam unternommen worden. Was kann ich jetzt persönlich als VVN-BdA Aktivist_in oder als politisch denkender Mensch unternehmen. Bitte schreibe einen Protestbrief an deinen zuständigen Europa-Abgeordneten aber auch an die Gemeinde Zegeldem (info@zegeldem.de). Auch die deutsche Partnerstadt von Zegeldem die Stadt Reil an der Mosel sollte ein Protestschreiben erhalten. Dieses bitte an die Bürgermeisterin Elke Schnabel (CDU) richten (Ortsbuergermeisterin@reil-mosel.de).

Foto: Privatbesitz.

Die VVN-BdA in NRW hat die Aufgabe übernommen den Protest von deutscher Seite zu organisieren. Bitte sendet uns eine Kopie euer Protestnote zu, unter: nrw@vvn-bda.de. Vielen Dank für eure Unterstützung.

Ortwin Bickhove-Swiderski, Dülmen-Rorup
Korrigierte Fassung vom 23.12.2021

hma-meldungen 19-2021

7. Oktober 2021


„Lesertreffen“ in Dresden

Dresden. Die Verlage Jungeuropa, Hydra und Oikos (Zeitschrift „Die Kehre“) wollen am Samstag, den 2. Oktober, ein „Lesertreffen“ in Dresden durchführen. In der Zeit von 15 bis 22 Uhr soll an einem bislang nicht näher benannten Ort „ein vielfältiges Programm bei reichhaltigem Buffet mit kleinen Speisen“ angeboten werden. Als Referenten angekündigt werden Jonas Schick, Jörg Dittus, Michael Schäfer, Philip Stein und Volker Zierke. Außerdem soll es eine Podiumsdiskussion zum Thema „Ökologie und Aktivismus“ mit Jonas Schick, Wolf PMS und Philip Stein geben. Der genaue Ort der Veranstaltung werde Angemeldeten per SMS am gleichen Tag gegen 12 Uhr an die angegebene Telefonnummer geschickt. Der Veranstaltungsort sei mit öffentlichen Verkehrsmitteln und mit dem PKW gut erreichbar, versprechen die Veranstalter. Beworben wird die Veranstaltung u.a. auf der Internetseite der neurechten Zeitschrift „Sezession“ (hma).

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Gegen die AfD, den Thor Steinar Laden und eine neonazistische Infrastruktur

24. September 2021

Rede von Ulli Sander

Matthias Helferich aus Dortmund, 32 Jahre alt und Jurist, wurde als AfD-Mann in den Bundestag gewählt. Er war auf der AfD-Liste abgesichert und bekam persönlich acht Prozent der Erststimmen in seinem Wahlkreis – und indirekt viel Hilfe durch die wohlwollenden Berichterstattung der Ruhrnachrichten. Er sieht sich als „freundliches Gesicht“ des Nazismus und „demokratischer“ Freisler.  Er trägt bisweilen die Kornblume und nennt sie das Zeichen der illegalen Nazis in Österreich in den 30er Jahren. Er wurde nicht in die Fraktion der AfD im Bundestag aufgenommen. Aber er bleibt AfD-Mitglied. Zur Kornblume schreibt Wikipedia: „Seit der Mitte der 1920er Jahre nutzte der Verein für das Deutschtum im Ausland (VDA) die Kornblume in seiner Symbolik. 1933 wurde sie offizielles Symbol des jetzt großdeutsch orientierten VDA, der sie in seiner Zeitschrift als ‚Überliefertes Sinnbild der Schutzarbeit‘ und ‚Symbol des Volkstumskampfes‘ bezeichnete.“ Kurz vor der Bundestagswahl protestierten Dortmunder Antifaschist:innen gegen die Einrichtung des rechtsextremen Thor Steinar Ladens in der Dortmunder Innenstadt. Und gegen die Wahl Helferichs. Der VVN-Vertreter Ulrich Sander hielt bei dieser Kubdgebung am 23. September 2021 diese Rede:

Liebe Freundinnen und Freunde!
Kürzlich mussten wir uns von unserem unvergesslichen und unvergleichlichen Willi Hoffmeister verabschieden, der im Alter von 88 Jahren verstarb. Die Vorsitzende der IG Metall in Dortmund, Ulrike Hölter, hielt eine bewegende Trauerrede und erinnerte an Willis Rolle beim Kampf in der Schlosserstraße. Unzählige Stahlarbeiter marschierten am 23. August 1985 aus den Werk, „um gemeinsam zu verhindern, dass die rechtsextreme Freiheitliche Arbeiterpartei“ ihr Parteizentrum in der Schlosserstr. 47, Nahe der Westfalenhütte, eröffnen konnte. Sie hatten Erfolg. Die FAP konnte ihr Zentrum nicht eröffnen.
Seitdem haben wir unzählige Versuche der Neonazis erlebt, eine rechte Infrastruktur aufzubauen. Sie versuchten im Jahr 2000, ein SA-ähnliches Sturmlokal Schützenenck zu eröffnen, sie wollten mehrere Zentren in der Innenstadt und in Dorstfeld schaffen, ferner Läden, Kneipen, „verbotene Zonen“ — immer konnten wir dies verhindern.
Nun wird wiederum versucht, ein Stück Infrastruktur für die Nazis zu schaffen, den Thor Steinar-Shop. Hier in der Kuckelke/Alter Burgwall soll nicht nur Kleidung und andere Devotionalien der Nazis angeboten werden, der Laden soll auch als Treffpunkt für die rechte Szene dienen. Wir fordern nun den Stopp des Aufbaus der Naziinfrastruktur.
In letzter Zeit mussten wir feststellen, dass sich rechte Infrastruktur auch in Behörden und Medien festsetzt. Es beunruhigt uns zutiefst,

dass in derPolizei geheime rechte Chatzellen entstanden sind,

dass die Polizei regelmäßig die Bewohner der Nordstadt kriminalisiert und dass

SEK-Einheiten ihre Schießübungen in Einrichtungen der Neonazis in Güstrow durchführten.

In Lütgendortmund wurde ein riesiges Waffenlager ausgehoben, und bis heute blieb uns die Polizei eine Auskunft über die Hintergründe schuldig.
Und auch Teile der Printmedien erweisen sich neuerdings als höchst verständnisvoll zugunsten der AfD. Nur noch ein Lokalteil einer Zeitung existiert heute in unserer Stadt. Kürzlich überraschten uns diese Ruhrnachrichten mit der Aufforderung, den marschierenden Neonazis nicht so viel Aufmerksamkeit zu schenken. Die Nazigegner sollten nicht gegen die Nazis auftreten, und ihnen nicht soviel Beachtung schenken. Das sind Worte, die wir seit 20 Jahren nicht mehr hörten oder lasen.
Aber es geht die Zeitung noch einen Schritt weiter: Und zwar im Fall Helferich.
Die AfD ist mit ihrem Bundestagskandidaten und NRW-Parteivize Matthias Helferich aus Dortmund nun endgültig im neofaschistischen Lager angekommen. Darauf weisen seine Selbstdarstellungen hin, er sei das „freundliche Gesicht des Nationalsozialismus“ und der „demokratische Freisler“.
Die Nazifratze ein freundliches Gesicht? Da kann einem nur schlecht werden. Helferich plauderte über seine Kontakte zur Dortmunder Neonaziszene, die ihn bei der Wahl in den Bundestag unterstütze.
Und was machen die Ruhrnachrichten? Sie betreiben eine breite Popularisierung der Helferich-Thesen und verlangen, dass die Parteien und Demokraten sich in öffentlichen Veranstaltungen mit Matthias Helferich treffen, sich mit ihm an einen Tisch setzen, um mit ihm über seine widerlichen Thesen zu diskutieren. Das leistet NS-Propaganda Vorschub – ob gewollt oder nicht. Und diese ist verfassungswidrig. Ich weise nur auf Artikel 139 GG hin mit der Überschrift „Fortgeltung der Entnazifizierungsvorschriften“. Zu diesen Rechtsvorschriften der Alliierten gehörte das Verbot der Nazipropaganda und das Parteiverbot der NSDAP und aller Nachfolgeparteien. Die gab es leider immer. Und auch heute.
Und nun kommt Verstärkung durch die AfD. Mit Hilfe der Ruhrnachrichten, die ihre Verbreitung der Thesen von Helferich und die AfD eine „lebendige Debattenkultur“ nennt.
Wir nordrhein-westfälischen Antifaschist:innen sahen es stets als unsere Verantwortung an, in Dortmund d.h. im Zentrum der rechten, betont antisemitischen Bewegungen den Druck der Demokraten aufzubauen. So wurde 1969 der Einzug der NPD in den Bundestag erfolgreich bekämpft.
Und dieser Kampf muss auch gegen die AfD geführt werden, mit der man sich nicht an einen Tisch setzt. 1969 wäre keine Zeitung auf die Idee gekommen zu empfehlen, Wahlveraanstaltungen gemeinsam mit der NPD durchzuführen, wozu heute die Ruhrnachrichten hinsichtlich der AfD raten.
Noch etwas zum neuen Freisler, der in den den Bundestag strebt. Eine Forsa-Umfrage ergab, dass mehr als 20 Prozent der Deutschen der Ansicht seien, das NS-Regime hätte auch gute Seiten gehabt. Auf die Stimmen dieser Wähler schielt die AfD.
Wenn nicht ein demokratisches Donnerwetter dazwischen kommt, wird dem nächsten Bundestag also ein „demokratischer Freisler“ – einst mörderischer Präsident des Volksgerichtshofes der Nazis – angehören. So nennt sich Matthias Helferich. Als neues Kennzeichen der Rechten bietet Helferich die Kornblume an. Sie sei das geheime Symbol der Nazis „während des Verbots in Österreich“ gewesen. Die Naziszene in Dortmund werde wohl aufrufen, ihn zu wählen, er „kenne die Jungs aus Dorstfeld“. Der frühere Junge Union-Angehörige Helferich war laut taz schon vor einiger Zeit mit antisemitischen Thesen aufgefallen.
Bisher waren Aufwertungen der Partei Die Rechte, der FAP und der zahlreichen Nazigruppen in Dortmund undenkbar. Vielmehr stieß deren Auftreten auf Protest, Widerstand und Blockaden. Die mediale Aufwertung Helferichs durch die Ruhrnachrichten, einst Parteizeitung der CDU, passt zu dem Streben der CDU-FDP-Landesregierung zu einem neuen Versammlungsrecht, mit dem wirksamer Protest gegen Rechts erschwert werden soll.
Ein Fehler ist es auch, nicht genauer über Roland Freisler und seine tausende Todesurteile gegen Antifaschisten zu berichten. Sein Volksgerichtshof mordete die Studenten der Weißen Rose. Ermordert wurden Menschen nur deshalb, weil sie einen ausländischen Rundfunksender hörten. Um den jüngsten zum Tode Verurteilten, den 17jährigen Helmuth Hübener wegen sog. “Rundfunkverbrechen” und Verteilens von Flugblättern hinrichten lassen zu können, veranlassten Juristen wie Freisler die Senkung des Alters für die Todesstrafe. Schon vor 50 Jahren haben Nachkriegsbehörden Roland Freisler Absolution erteilt, indem sie davon ausgingen, dass der bei einem Bombenangriff ums Leben gekommene höchste Richter nach dem Krieg weiter in seinem Beruf aufgestiegen wäre. Daher wurde seiner Witwe Marion Freisler die Witwenrente der Kriegsopferversorgung um monatlich 400 DM für viele Jahre erhöht.
An diesen freundlichen Umgang mit Nazis möchte die AfD anknüpfen. Und daran wollen wir sie hindern.

Ich sagte nichts zum Thema Klima. Nur dies: Auf zu den Demos von Friday for Future morgen!
Ich sagte nichts zum Frieden. Auch da muss ich die Ruhrnachrichten anklagen: Wir erfahren nichts über den Plan, in Bochum ein NATO-Zentrum für den Cyber-Krieg einzurichten. Das geht aber alle an, alle 5 Mio. Menschen im Ruhrgebiet. Ich rufe auf: Informiert Euch über diese gefährlichen Pläne. Protestiert!
Ich sagte nichts zu Corona. Nur dies: Wenn ein rechter, von der AfD beeinflusster Mörder einen jungen Mann, der ihm zum Maskentragen auffordert, erschießt, dann hat die AfD mitgeschossen. Stoppen wir die Nazis, die AfD und den Thor Steinar Laden!

Ende gut alles gut? Die VVN-BdA und die Gemeinnützigkeit

19. September 2021

von Ulli Sander

September 2021: Gemeinnützigkeit und Demokratie – Eine Erfolgsgeschichte? Dies Frage stellten wir dem Münchner Rechtsanwalt Hans E. Schmitt-Lermann. Der hat in den Marxistischen Blättern jetzt eine ausführliche Würdigung der Vorgänge um die Wegnahme der Gemeinnützigkeit von demokratischen Vereinigungen veröffentlicht. Zusammengefasst liest sich der Teil zur VVN-BdA so:
Seit zwölf Jahren versuchen Regierungen, Parteien und Lobbyverbände politisch missliebige Organisationen, emanzipatorische, fortschrittliche kapitalkritische Vereine mundtot zu machen, ihnen – so Wolfgang Schäuble – »den Nährboden zu entziehen«, und zwar über das Gemeinnützigkeitsrecht. Das heißt: Die steuerbefreiende Gemeinnützigkeit wird ihnen entzogen. Insbesondere die so wichtigen Spender und Beiträger können davon nichts mehr von ihrer Einkommenssteuer absetzen.
Diese gebündelten Maßnahmen der finanziellen Austrocknung ordnen sich in die gegenwärtige Gesamtstrategie ein hin zum autoritärer werdenden Staat: Verschärfte Polizei- und Versammlungsgesetze, ausufernde digitale Bürgerüberwachung als Ausdruck zunehmender Angst vor basisdemokratischen Bewegungen, vor allem in ihrer qualifizierten, strukturierten und daher handlungsfähigen Form, nämlich zivilgesellschaftlichen Vereinigungen. Diese Angst ist Ausdruck eines verstärkten Krisenbewusstseins der herrschenden Nutznießer einer zunehmend in Frage gestellten und bröckelnden Gesellschaftsordnung. (…)
Der Fall VVN-BdA: Der wichtigste Fall der Aberkennung der Gemeinnützigkeit wegen Erwähnung in einem der 17 VS-Berichte als »extremistisch« und antikapitalistisch – damit angeblich verfassungsfeindlich – ist die VVN-BdA.
Wir haben den Fall inzwischen für den Bundesverband auf der Ebene der Finanzverwaltung gewonnen. Das selbe gilt für den Landesverband NRW. Als logischer Abklatsch hiervon dürfte das auch für den bayerischen Landesverband vor dem Münchner Finanzgericht gelingen. –
Dieses wichtige Gegenbeispiel nach einer Unglückskette hilft den anderen Betroffenen. Auch insofern, als dieser Erfolg ausschließlich mithilfe der antifaschistischen Argumentation und Autorität errungen wurde und immer außer Streit stand, dass die VVN noch viel mehr als etwa ATTAC auch „allgemeinpolitisch tätig“ war und ist. Davon zehrt jetzt auch ATTAC in ihrer Verteidigung. Meines Erachtens gefährdet das die VVN nicht, sondern ist jetzt einer ihrer Beiträge zur Stärkung der ganzen Zivilgesellschaft. (…)
Im Jahr 2000 startet die VVN-BdA ihre Kampagne NONPD und erzwingt wenigstens im Bundesrat einen Verbotsantrag gegen die NPD beim Bundesverfassungsgericht. Dieser scheitert bekanntlich 2003 wegen sogenannter »fehlender Staatsferne« der NPD: Ihre führenden Funktionäre waren fast alle gleichzeitig sog. V-Leute des Verfassungsschutzes – man kann sagen: wegen ähnlicher Gesinnung – und fütterten die Parteikasse der NPD mit ihren Agentenlöhnen aus der Bundeskasse. In einem weiteren Vergfahren entschied das Bundesverfassungsgericht zugunsten der NPD, da diese zwar verfassungswidrig aber zu klein und somit ungefählrich sei. –
Darauf sagte der Vorsitzende des Bundesinnenministerkonferenz Volker Bouffier, jetzt schwarz-grüner Ministerpräsident in Hessen: Das machen wir anders: »wir trocknen alle vom Verfassungsschutz erfassten extremistischen‹ Organisationen finanziell aus«. Ein neugefasster § 51 AO soll ihnen automatisch die steuerliche Freistellung, die Gemeinnützigkeit, entziehen. So geschah es. Das erste Opfer war traditionsgemäß aber keine rechtsradikale, sondern die führende antifaschistische Vereinigung VVN. Auch das Blitzgesetz Adenauers und das Republikschutzgesetz der Weimarer Republik wurde angeblich gegen Rechtsterroristen eingeführt und richtete sich dann ausschließlich gegen die Linke. (…)
Der Fall „Schwur von Buchenwald“: Der alles andere tragende und kontaminierende Hauptvorwurf lautet: »In der VVN wird ein kommunistisch orientierter Antifaschismus verfolgt. Danach werden alle nicht-marxistischen Systeme – also vor allem die parlamentarische Demokratie – als potenziell faschistisch, zumindest aber als Vorstufe zum Faschismus betrachtet, die es kompromisslos zu bekämpfen gilt«.-
Für diesen historisch frechen Unsinn kann man natürlich keinerlei Dokumente oder sonstige Belege beibringen, die dem Verband oder seinen Verantwortlichen zurechenbar wären. Man argumentiert insoweit ausschließlich mit der sogenannten „Überrepräsentation“ von Kommunisten und Sozialisten in den Reihen der Verfolgten des Naziregimes und folglich des Verfolgtenverbandes. Ihr unleugbarer Hauptanteil am Widerstand möge ja damals ein Verdienst gewesen sein, aber heute beeinträchtige diese zu unterstellende Mehrheitsgesinnung die Anerkennung als verfassungstreu und gemeinnützig.- (…)
Der letzte Komplex zählt 23 Auftritte, Veranstaltungen und Demonstrationen, unter Beteiligung der VVN auf, beginnend mit dem 1945 abgelegten Schwur der Häftlinge von Buchenwald, wonach der Nazismus »mit seinen Wurzeln auszurotten« sei. Mit „Wurzeln“ sei aber der Kapitalismus, also die freiheitliche Ordnung gemeint. Dagegen rechnet der 2005 amtierende Bundeskanzlers Gerhard Schröder in seiner damaligen Buchenwald-Rede eben diesen Aufruf zu den »Basisschriften unserer Demokratie«. Dann: Die Losung »Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen«, die angeblich die verfassungsmäßig auch den Rechtsradikalen garantierte Meinungsfreiheit beeinträchtige. Schließlich solche, die zwar äußerlich nicht anstößig erscheinen, aber von der o.g. alle VVN-Aktivitäten tragenden extremistischen Grundgesinnung kontaminiert seien; letztlich sollten sie dieser Vorschub leisten. Dazu gehören Sitzblockaden gegen neofaschistische Aufmärsche (an denen auch Bundestagspräsident Thierse, der nachmalige Ministerpräsident Ramelow und viele andere Prominente teilgenommen haben)! –
Der Fall Mittenwald: Verwerflich, so heißt es, sei aber auch der Protest gegen die Traditionsvereinigung der Gebirgsjäger der Wehrmacht und der Bundeswehr. Gebirgsjäger – der SS ähnlich – haben das Massaker im griechischen Distomo und Massaker in vielen anderen Dörfern angerichtet. Die Vereinigung trifft sich regelmäßig auf der Hohen Brendten bei Mittenwald. Gegen diese habe es keinerlei strafrechtliche Verfahren gegeben, sehr wohl aber – wenn dann auch eingestellte – Ermittlungsverfahren bei den Gegendemonstranten wegen anderweitiger Demos durch örtliche Polizeibehörden; letztere seien also der verfassungsmäßig belastete Teil des Vorgangs.
Dazu merken wir an: Diese Darstellung ist unzutreffend: Es gab in Italien rechtskräftige (und damit auch in der BRD gültige) Verurteilungen der Gebirgsjäger, und auch in Deutschland erreichten VVN-BdA und andere eine Verurteilung eines an Massakern Beteiligten. Schließlich distanzierten sich die Gemeinde Mittenwald und der Bundeswehrstandort von dem Traditionsverein; vor der Schule des Ortes steht nun ein Gedenkstele für die Opfer der Massaker, und in der Schule finden regelmäßige Afklärungsveranstaltungen statt. Also sowohl in der Frage der Gemeinnützigkeit als auch iin der Erinnerungsarbeit gab es Efolge der VVN-BdA und ihrer Bündnispartner.-
Dennoch, so meint Hans E. Schmitt im Gespräch mit uns, könne man noch nicht von einer Erfolgsgeschichte sprechen, sondern müsse das Fragezeichen beibehalten. Denn noch immer schwebt der möglich ungünstige Ausgang des Verfahrens VVN-BdA Bayern gegen das Land Bayern in der Luft. Und wenn es keinen ungünstigen Ausgang geben sollte, so ist der Schwebezustand schlimm genug. Das zuständige Gericht verschleppt die Sache bis in alle Zeiten.
Nicht in Frage gestellt werden kann der Begriff „Erfolgsgeschichte“, wenn man von der ungewissen juristischen Lage absieht, und zwar hinsichtlich der großen Solidaritätsbewegung für die VVN-BdA, die wir erlebten. Unzählige Solidaritätserklärungen von Organisationen und Personen gingen ein. Zehntausende Unterschriften unter Petitionen pro VVN-BdAS sind zu nennen. Nicht zu verachten die Zahl der Spenden und Spender. Und rund 2000 neue Mitglieder wurden gezählt. Die unvergessliche Esther Bejarano, die leider kürzlich starb, griff den verantwortlichen Bundesminister Olaf Scholz scharf an: „Das Haus brennt und Sie sperren die Feuerwehr aus.“

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